D'Accord - Helike

Review

Man kann über den Wahrheitsgehalt der Sagen um Atlantis, Helike oder das baltische Pendant Vineta denken, was man möchte – die letzten Katastrophen rund um Sumatra im Dezember 2004 und vor Japan im März diesen Jahres zeigten auf zutiefst erschütternde Weise, wie viel Wahrheit in solchen Mythen stecken kann. Kräfte, die ihre Wirkung sonst über unvorstellbar lange Zeiträume entfalten, können innerhalb weniger Sekunden oder Minuten ganze Zivilisationen vernichten.

Warum hole ich so weit aus? Ich habe den Eindruck, als hätte sich das norwegische „Prog“ Rock-Projekt D’ACCORD zwar auf tektonische Kräfte fokussiert, dabei aber versehentlich(?) den Zeitfaktor vergessen. „Helike“, das zweite Album des von Daniel Maage initiierten Projektes besteht aus zwei überlangen Songs, die konsequent „Part I“ und „Part II“ betitelt sind. Das Attribut ‚überlang‘ trifft’s gleich doppelt, denn einerseits bewegen sich beide Teile jenseits der Zwanzig-Minuten-Marke (was für die LP-Version sicherlich reizvoll ist), andererseits weisen die Stücke wirklich sehr viele Längen auf.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass ich das Wörtchen „Prog“ im letzten Absatz in Anführungszeichen gesetzt habe: Progressiv ist an „Helike“ nämlich mal gar nichts. D’ACCORD bietet klassischen Sechziger und vor allem Siebziger Rock, sprich: Röhrenverstärkte, aber doch irgendwie zahme Gitarren, charmantes Schlagzeug, Hammond-Orgel… und dazu gibt es abwechslungsreichen Gesang zwischen klassischer Tonlage und Falsett. Das Album klingt tatsächlich, als hätte es locker dreißig oder vierzig Jahre auf dem Buckel – und ich schätze mal, dass Andy Jackson (Tube Mastering) dem Album mit Absicht diesen letzten Schliff gegeben hat. Anders kann ich mir den wenig dynamischen, ziemlich saftlosen Sound nicht erklären.

D’ACCORD sind – das muss man vielleicht dazu sagen – durchaus darauf aus, ziemlich „retro“ zu klingen. Dagegen habe ich auch überhaupt nichts – aber vielleicht sollte man sich die in den bereitgestellten Informationen angestellten Vergleiche mit PINK FLOYD oder KING CRIMSON noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Von beiden Bands ist D’ACCORD nämlich sowohl kreativ als auch in Sachen Progressivität Welten entfernt.

So, was hat es jetzt aber mit dem „Zeitfaktor“ auf sich, den ich oben kurz angerissen habe? Wenn ich mir „Helike“ unter dem Gesichtspunkt seines Konzepts anhöre, klingt das Album so, als sei Helike gaaaanz langsam untergegangen – so langsam, dass selbst Kranke und Schwache sich in aller Ruhe in Sicherheit bringen konnten. Wo ist die Naturgewalt? Wo ist die Katastrophe? Wo ist der unausweichliche Untergang? Ich weiß es nicht – aber bei D’ACCORD finde ich das alles nicht. Stattdessen finde ich gut vierzig Minuten Gedudel ohne Höhepunkte, das handwerklich sicherlich nicht schlecht gemacht ist, aber mich nicht im Geringsten mitreißt. Und so wie der Gesang klingt, geht es nicht nur mir so…

27.08.2011

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