Cult Of Luna / The Old Wind - Råångest

Review

Pelagic Records tun uns dieser Tage einen Gefallen, indem sie auf der Split-EP „Råångest“ mit CULT OF LUNA und THE OLD WIND gleich zwei Bands an unsere Ohren befördern, die für eine Weile eher in der Versenkung verschwunden waren und von Fans des Genres schmerzlich vermisst wurden. Jenes trifft vermutlich insbesondere auf CULT OF LUNA zu, die sich nach den 2013-er Krachern „Vertikal“ und „Vertikal II“ und dem dazugehörigen Touring erstmal abgemeldet hatten, um sich mit Dingen wie Familie und sonstigem Leben zu befassen. Vorher jedoch organisierte die Band das „Beyond The Redshift“-Festival, das im Jahr 2014 in verschiedenen Club-Locations in London stattfand. CULT OF LUNA traten hier als Headliner in Erscheinung und verabschiedeten im Anschluss Gittarist Erik Olòfsson, der nach Angaben der Band nicht aus dem CULT OF LUNA-Universum verschwunden ist und bis dato auch nicht ersetzt wurde, sodass für „Råångest“ das Lineup der Band weiterhin als Sextett gelistet wird. Zuvor war es bereits zum Ausscheiden von Keyboarder Anders Teglund gekommen, für den seitdem Kristian Karlsson an den Tasten sitzt.

Für das laufende Jahr kündigen CULT OF LUNA ein neues Studioalbum mit dem Titel „Mariner“ an, auf dem auch die US-Sängerin Julie Christmas (Ex-MADE OUT OF BABIES und Ex-BATTLE OF MICE) zu hören sein wird. Bis dahin geben uns die Schweden auf „Råångest“ mit dem AMEBIX-Cover „Last Will And Testament“ eine Kostprobe vom Stand der Dinge. Damit uns jedoch mehr als nur dieser siebenminütige Seelenzerfleischer vorgelegt werden kann, haben Pelagic und CULT OF LUNA den Blick noch einmal auf das „Beyond The Redshift“ gewandt: Ihren bislang letzten Liveauftritt zelebrierten dort THE OLD WIND, bestehend aus den Ex-BREACH-Musikern Tomas Liljedahl (Gesang) und Niklas Quintana (Gitarre), sowie Karl Daniel Liden (Schlagzeug, u.a. A SWARM OF THE SUN), Mattias Hägerstrand (Bass, THE OCEAN) und Robin Staps (Gitarre, THE OCEAN). Mit dem 2013-er Album „Feast On Your Gone“ brachte die Band Material in Umlauf, das man in der Ganzganzkurzfassung als „weniger hart, aber viel mehr Dolch ins Herz als BREACH“ beschreiben könnte. Wie CULT OF LUNA haben auch THE OLD WIND für das Jahr 2016 ein neues Studioalbum angekündigt und bereiten uns mit „Råångest“ darauf vor, dass es roh, boshaft und düster zur Sache gehen wird.

Die Split-EP liefert uns insgesamt gut 17 Minuten Soundwand, von denen die ersten sieben Minuten auf das Konto von CULT OF LUNA gehen. Auch wenn es sich „nur“ um ein Cover der Band AMEBIX (laut CoL-Gitarrist Johannes Persson „a musical father I never knew I had“) handelt, finden wir uns sofort im gewohnten CULT OF LUNA-Sound ein. „Last Will And Testament“ hat alles, was Fans sich von einem neuen Song der Band wünschen: Härte, Melancholie und gleichzeitig diese melodiöse Ruhe, die einen sehnsuchtsvoll an dunkle Winternächte denken lässt.

THE OLD WIND knüpfen mit den beiden Titeln „Wooden Scythe“ und „Daughters Of Cleanse“ deutlich roher und hardcoriger an. In Sachen Depressionsinduktions-Potenzial kann die Truppe locker mit ihren Labelbrüdern mithalten, in Sachen Wechseldynamik und Überraschungsmoment hingegen nicht. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Hörproben von THE OLD WIND schlechter seien, als der CULT OF LUNA-Track – sie schlagen musikalisch lediglich in eine andere Kerbe. Aus genau diesem Grund sollten wir dem Label dankbar sein, dass es die gute alte Split-EP-Tradition aufgegriffen hat und uns die Möglichkeit gibt, in einem Aufwasch zwei angenehm ähnliche und erfrischend unterschiedliche Bands zu beschnuppern.

„Råångest“ ist sowohl auf CD im Digipack, als auch auf color-in-color Vinyl (nur Pre-Order) erhältlich und erfreut Fans von CULT OF LUNA und THE OLD WIND mit tollem Cover-Artwork. Weniger leidenschaftliche Anhänger der Bands müssen sich das Werk sicher nicht unbedingt ins Regal stellen, denn auch wenn hier drei mehr als hörbare Tracks geliefert werden, bleibt „Råångest“ eine EP und somit ein Vorgeschmack auf das, was da in diesem Frühjahr wohl kommen wird. Und das wird, wenn CULT OF LUNA und THE OLD WIND ihre auf „Råångest“ gemachten Versprechen einlösen, ziemlich großartig sein.

29.02.2016
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