Cult Of Luna & Julie Christmas - Mariner

Review

Galerie mit 8 Bildern: Cult Of Luna & Julie Christmas – "Mariner" live in Kortrijk

Die öffentliche Informationspolitik CULT OF LUNAs ist hin und wieder etwas eigenwillig. Da heißt es im Jahre 2014, das regelmäßige Touren käme nach dem eigens kurierten BEYOND THE REDSHIFT-Festival auf unbestimmte Zeit zum Erliegen. Klarer Fall, Flug gebucht, ab nach London. Zwei Jahre später: Johannes Persson und Kollegen bringen den Post-Metal-Meilenstein „Somewhere Along The Highway“ zurück auf die europäischen Bühnen. Kein Problem, fliegt der geneigte Redakteur eben noch einmal nach London. Ach, im Studio waren sie auch noch. Ein neues Album, nein, das sei es nicht geworden.

Inzwischen steht fest: CULT OF LUNA haben sich mit ex-BATTLE OF MICE-Sängerin JULIE CHRISTMAS zusammengetan, um – na ja – ein Stück Musik aufzunehmen. Anscheinend stellen 55 Minuten Spielzeit für den gemeinen Post-Metaller wohl kein vollwertiges Studioalbum mehr dar. Wer „Mariner“ nun aber zur EP als Randrelease abstempelt, der dürfte schon beim ersten Durchlauf das böse Erwachen erleben.

Alles auf stabilem Niveau

Schließlich verfolgen CULT OF LUNA auch bei der Promotion zu „Mariner“ ihren leicht nebulösen PR-Ansatz. Doch das zunächst veröffentlichte „A Greater Call“ erweist sich angesichts möglicher Scheuklappenkandidaten als geschickter Schachzug. Hier fügt sich die Dame aus dem fernen Westen lediglich mit getragenen Choralpassagen in die Komposition ein. Background-Gesang statt Synthies sozusagen. Musikalisch läuft dabei alles stabilem CULT OF LUNA-Niveau. Der Opener verlässt sich in bester „Vertikal“-Manier auf ein simples, aber starkes Hauptriff, während PHOENIX-Drummer Thomas Hedlund wieder einmal eigenwillige Drumpaterns abfeuert, die wohl bis in alle Ewigkeit ihren Platz auf dem Wunschzettel jeder zweiten Post-Metal-Band der Welt haben dürften.

Schönhören darf sein

„Mariner“ ist definitiv ein Grower. Selten hat Schönhören so viel Spaß gemacht. Denn JULIE CHRISTMAS tänzelt zunächst völlig unberechenbar übers musikalische Parkett. Vom neckischen, zuckersüßen Popstimmchen zum irrationalen Screamo-Ausbruch braucht es in der Regel nur wenige Sekunden. Was auf „Chevron“ zunächst noch als nerviger Störfaktor zwischen schlecht geölter Kreissäge und EMINEMs legendärem Abrechnungstrack „Kim“ erscheint, entpuppt sich nach einigen Durchläufen als Paradestück grenzdebiler Vokalleistung. Christmas, die unter anderem schon mit ISIS*- und DILLINGER ESCAPE PLAN-Mitgliedern gearbeitet hat, liegt mal bewusst neben der Spur, pendelt im nächsten Moment aber schon wieder gekonnt zwischen den schizophrenen Extremen. Und schafft damit eine höchst suspekte Atmosphäre, für die auch schon mal ein schnippischer DIE ANTWOORD-Vergleich drin sein muss.

Gemessen am angesprochenen Monumentalwerk „Somewhere Along The Highway“ darf die musikalische Hintergrundarbeit auf „Mariner“ dabei freilich nicht immer zur allerfeinsten CULT OF LUNA-Buffetkost gezählt werden. Das ist aber auch gar nicht immer möglich – geschweige denn nötig. Auf „The Wreck Of S.S. Needle“ stellt sich das eher traditionelle Hypno-Sludge-Konstrukt (mit „Vertikal“-Synthies) beispielsweise als echter Gewinn für die Gesamtkomposition heraus. Für Tiefe und Schwere sorgen hier nämlich nicht sieben überlagernde Instrumentalebenen, sondern vielmehr die eigenwilligen Melodiefragmente, die Christmas die immer wieder geschickt einstreut.

Übersättigt? – „Mariner“ ist nicht „Somewhere Along The Highway“

Im Gegensatz zum seit jeher spärlich gehauchten Klargesang von Gitarrist Fredrik Kihlberg („Approaching Transition“) weiß JULIE CHRISTMAS ihr Organ dabei aber auch durchaus als zusätzliches Instrument zu verwenden. Wie passend, sind CULT OF LUNA doch seit Kurzem ohnehin auf zwei Gitarren beschränkt. Tatsächlich fungieren Christmas‘ Vocal-Loops im 15-minütigen Abwärtsstrudel „Cygnus“ auch gewissermaßen als dritte Sechssaiter – ein Experiment, das dann in Verbindung mit durchaus gelungenen Tapping-Einlagen aber auch etwas übersättigt übers Ziel hinausschießt. Dass die Schweden zehn Jahre zuvor mit ähnlichen Stilmitteln noch den wohl besten Song ihrer Karriere („Dark City, Dead Man“) konstruiert haben, spricht sicherlich Bände. Denn ein transzendentales Album ist „Mariner“ nur im entferntesten Sinne geworden. Dafür kann es einem aber einen gehörigen Schrecken einjagen. Vielleicht auch noch einige mehr.

* Jaja, die Band.

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07.04.2016

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