Cult Of Erinyes - Tiberivs

Review

Es scheint, als würden CULT OF ERINYES weiterhin ein Dasein als Liebhaber-Band fristen. Ein Umstand, der für mich nicht zuletzt aufgrund von „Tiberivs“ ein Rätsel bleibt. Das dritte Werk der Belgier vereint die Qualitäten der Band nämlich eindrucksvoll und wird konzeptuell auf ein noch höheres Level gehoben. Inhaltlich dreht sich alles um den namensgebenden römischen Kaiser. Leider bleibt die Promo die Texte schuldig – aber ohnehin soll die Musik im Vordergrund stehen.

Finster und rituell – typisch CULT OF ERINYES

Und diese ist finster, rituell und typisch für CULT OF ERINYES. Dabei wird das Klangbild klar von den Gitarren dominiert. Neben der erdrückenden Finsternis, sorgen gerade die Leadgitarren für den einen oder anderen Gänsehautschauer. Das ist ohnehin ein gutes Stichwort für „Tiberivs“: In Songs wie dem starken „Nero (Divine Providence)“ greift die Finsternis spürbar um sich. Getrieben von rituellen Rhythmen im Hintergrund entfaltet sich der erste richtige Song gleich zum Albumhighlight, auch weil der Spannungsbogen straff gespannt ist. Obendrein ist das Hauptriff einnehmend, fast hypnotisch – ähnlich dem eindringlichen, fast gesprochenen Gekrächze. Starker Beginn. Aber auch kaum noch zu erreichen.

„Tiberivs“ bietet keine erschütternden Überraschungen

CULT OF ERINYES bauen nicht unbedingt ab, aber was „Tiberivs“ minimal vorzuwerfen ist, ist seine Armut an überragenden Songs … oder wirklich erschütternden Überraschungen. Das ist allerdings Meckern auf verdammt hohem Niveau. Denn auch anschließend zeigen sich die Belgier detailverliebt und hypnotisch. Das gilt für das folgende „Casus Belli“ ebenso wie das mit kratzigem Klargesang angereicherte und ohnehin eher melancholische „Lone“. Hier singen sogar die Gitarren. Aber es geht auf „Tiberivs“ nicht nur ruhig zu. Auch aggressive Momente haben sich eingeschlichen. So stürmen „Bred For War“ oder „Germanicvs“ mit wummernder Doublebass voran – Dunkelheit geht aber auch diesen Songs nicht ab. Von „stumpf“ kann bei der Dichte an Details ebenfalls keine Rede sein, so variieren gerade die Gitarren immer wieder und verändern den Grundtenor des Materials – selbst in ungestümen Zeiten.

Von leichter Kost kann auf „Tiberivs“ natürlich keine Rede sein. Wer seinen Black Metal allerdings mit Anspruch mag, der in aktuellen, mit diversen Vorsilben versehenen Schubladen keinen Platz findet, sollte das Album unbedingt anhören. Das Rätsel, weshalb CULT OF ERINYES nicht mehr Begeisterung entfachen, bleibt mir nach diesem Album allerdings erhalten – sicherlich kein Hitalbum, aber ein durchdachtes, düsteres und vor allem tiefbeseeltes Kunstwerk.

01.05.2017

Chefredakteur

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