Cthulhu - Handbuch der Mythos-Jagd

Review

Ein Schuss kann töten, ein Hieb verstümmeln, der Kontakt mit den kosmischen Schrecken wahnsinnig werden lassen. Im Horror-Rollenspiel CTHULHU sind die Spielfiguren sehr verletzlich und können schnell im Sanatorium oder Leichenschauhaus enden. Das „Handbuch für die Mythos-Jagd“ setzt sich trotzdem damit auseinander, wie man diese Charaktere interessant und lebendig gestalten kann.

Zunächst steht die Frage im Raum, was so eine Spielhilfe noch Neues bieten kann. Da aber das alte „Investigatoren-Kompendium“ inzwischen vergriffen ist und das „Regelwerk für Investigatoren“ eher eine schlanke Variante des „Grundregelwerk“-Bandes darstellt, hat dieses Buch durchaus eine Daseinsberechtigung.

Vom Spielwert zum Rollenspielaspekt

Denn entgegen des Titels geht es im „Handbuch für die Mythos-Jagd“ nicht um Tipps für das Erlegen von Mythos-Kreaturen, sondern um Hinweise für ein besseres Rollenspiel. Besser gesagt: Es geht darum, den Zusammenhang zwischen den Spielwerten und der rollenspielerischen Persönlichkeit greifbarer werden zu lassen.

Zum Beispiel wird erklärt, was für Auswirkungen Verletzungen oder zunehmender Wahnsinn abseits der auf dem Charakterbogen zu findenden Treffer- und Stabilitätspunkte haben können. Auch für die Ausgestaltung des seltenen Magiewirkens und die Beziehung der einzelnen Spielfiguren zum Arkanen gibt es Anregungen.

Ebenso wird darauf eingegangen, wie Fähigkeiten und Schwächen der Investigatoren am Spieltisch hervorgehoben werden können. Dafür, wie die Werte auf dem auf dem Papier im Rollenspiel sichtbar gemacht werden können, gibt es viele allgemeine, aber auch systemspezifische Hinweise. Sie alle wirken beim ersten Lesen durchdacht und nützlich. Daran merkt man, dass erfahrene CHTULHU-Spieler*innen den Band geschrieben haben.

Welcher CTHULHU-Typ bist du?

Auch die Spielleitung bekommt zahlreiche Tipps geliefert. Welche Arten von Szenarien gibt es? Wie gestaltet sich ein Detektivabenteuer im Gegensatz zu actionorientiertem Survival-Horror? Welche Typen von Spieler*innen gibt es und wie binde ich diese jeweils in die Handlung ein? Die Motivation und der Spielspaß der Personen am Spieltisch stehen hierbei im Vordergrund.

In diesem Punkt erschöpft sich das „Handbuch für die Mythos-Jagd“ allerdings, wenn es um konkrete Fragen geht, wie die Spielleitung verschiedene Typen und Handlungen in Einklang bringen kann. Zu wissen, dass manche Spieler*innen Action wollen, während andere vor allem die Story erleben und wieder andere sorgsam ermitteln möchten, ist kein schlechter Hinweis. Einige konkretere Anregungen dazu, wie man am Spieltisch damit umgehen kann, wären an dieser Stelle aber ebenso sinnvoll gewesen.

Allerdings finden sich viele allgemeine Tipps für die Spielleitung in dem Band. Zwar sind diese oft nur knapp gehalten, aber bereits kleine Ratschläge für eine dichtere Atmosphäre am Spieltisch, das Vorbereiten von Szenarien und Gestalten längerer Kampagnen sind konkret beschrieben und sehr nützlich.

Das „Handbuch für die Mythos-Jagd“ beschreibt Schrecken und Freuden

Besonders hilfreich ist das Buch dann, wenn es um den kosmischen Schrecken geht, der CTHULHU auszeichnet. Neben der Fremdartigkeit der Magie wird darauf eingegangen, welche Auswirkungen die titelgebende Mythos-Jagd auf die Charaktere haben kann, falls sich diese länger damit auseinandersetzen.

Dabei kann es um langfristige Entwicklungen gehen, wie das Ausarbeiten einer „Heimat“ für die Charaktere, wo diese Wissen sammeln, sich erholen und beraten können. Doch auch die negativen Auswirkungen von Verletzungen und Wahnsinn werden thematisiert.

Nicht herausragend, aber interessant

Das „Handbuch für die Mythos-Jagd“ schließt in diesem Punkt einen Kreis. Wird am Anfang noch darauf hingewiesen, dass die Investigatoren keine „herausragenden“ Persönlichkeiten sind, da ihre Fähigkeiten sie letztlich nicht vom Rest der Menschheit abheben, widmet sich ein Abschnitt schließlich der Herausforderung, sie „interessant“ zu gestalten.

Damit ist das Anliegen dieses Buches prägnant zusammengefasst. Die zerbrechlichen Sterblichen sind angesichts des kosmischen Schreckens nicht herausragend, sollten im Rahmen des Rollenspiels aber interessante Figuren sein, mit denen man gerne Zeit am Spieltisch verbringt. In H. P. Lovecrafts Geschichten, auf denen CTHULHU im Kern basiert, sind die Hauptcharaktere meistens eher blasse, fast schon austauschbare Vehikel der Handlung.

Das „Handbuch für die Mythos-Jagd“ dreht dieses Verhältnis auf anschauliche Weise um und ermöglicht es, die Spielfiguren zu lebendigen Persönlichkeiten werden zu lassen. Dies gelingt der Spielhilfe sehr gut. Auch wenn das Buch stellenweise den Charakter einer ungefilterten Ideensammlung hat, bietet es viele sinnvolle Hinweise zur Verbesserung des Rollenspiels am Spieltisch und ist dank eines angenehmen Schreibstils eine hilfreiche Lektüre für die Spieler*innen wie auch die Spielleitung.

Startet die Mythos-Jagd zu dieser Musik: MY DYING BRIDE – A Mortal Binding / DOOL – The Shape of Fluidity / THE BLEAK PICTURE – Meaningless

Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.

01.05.2024
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