Crimson Glory - Transcendence

Review

Nach einem nahezu perfekten Debüt mit dem Nachfolger die gleiche Qualität zu erreichen, ist die hohe musikalische Kunst. CRIMSON GLORY legen im November 1988 den Nachfolger des selbstbetitelten Longplayers auf den Tisch. „Transcendence“ gilt als das ausgereifteste Album der Band. Die damaligen Magazine überschlagen sich nahezu und „Transcendence“ wird als Meilenstein des progressiven oder komplexen US-Power-Metal angesehen. Sind die Lobeshymnen berechtigt?

„Transcendence“ – ein Meilenstein des US-Power-Metal?

Eine Besonderheit gibt es bei den Aufnahmen der Drums, die eine Live- und Sampleproduktion sind. Dana Burnell spielt die Drums ohne Becken und nahm die Becken später live neu auf, um eine vollständige Trennung von Trommeln und Becken zu erreichen. Gitarrist Jon Drenning erklärte: „Es war ein sehr mühsamer und zeitaufwändiger Weg, aber zu der Zeit schien es etwas zu sein, das wir erreichen wollten; ein makelloser, sauberer Klang und eine echte Trennung aller Instrumente.“

Der Auftakt „Lady Of Winter” knüpft an das Debüt und Nummern wie „Heart Of Steel“ oder „Queen Of The Masquerade“ an. Instrumental komplex, trotzdem eingängig mit den markanten Vocals. Ein keifender Midnight und „Red Sharks“ bewegen sich im US-Power-Metal der späten 80er Jahre. Balladeske und progressive Elemente werden mit akustischer Gitarre und einem Refrain verwoben, der sich sofort in die Gehirnrinde fräst. „Painted Skies“ mit über fünf Minuten Laufzeit ist ein genialer Ohrwurm. CRIMSON GLORY sind auf dem Zenit ihres Schaffens und in absoluter Bestform.

Anspruchsvoll progressiv und trotzdem mit den notwendigen Halteankern kommt die Edgar-Allan-Poe-Geschichte „Masque Of The Red Death“ um die Ecke. Der Schlusspunkt der A-Seite ist fast sieben Minuten lang. „In Dark Places“ erinnert in Teilen an komplexere Tracks von METAL CHURCH und ist ein sich langsam, aber kontinuierlich, aufbauendes Stück US-Metal. Der Langläufer ist keinesfalls schwach, steht aber im Schatten von „Painted Skies“ oder „Masque Of The Red Death“.

CRIMSON GLORY sind auf dem Zenit ihres Schaffens

Stampfend wird die B-Seite mit „Where Dragons Rule“ eröffnet. Midnight strapaziert seine Stimmbänder und knüpft an zum Beispiel „Masque Of The Red Death“ an, wo musikalische Komplexität kompakt und gradlinig rüberkommt. Der zweite Überflieger auf „Transcendence“ nennt sich „Lonely“, der ähnlich wie „Painted Skies“ vor Vielseitigkeit und musikalischer Qualität strotzt, aber trotzdem zügig auf den Punkt kommt.

Was „Lonely“ perfekt gelingt, bleibt “Burning Bridges” in Teilen schuldig. Die mehr als sechs Minuten sind alles andere als ein fades Werk. Aber der ein oder andere progressive Schlenker zieht die Nummer in die Länge, sodass “Burning Bridges” nicht an die auf den Punkt gespielte Perfektion des Vorgängers anknüpfen kann.

Das gradlinige „Eternal World“ lädt zum Headbangen ein und Midnight veredelt das gute Stück mit seiner unnachahmlichen Stimme. Der Schlusspunkt ist der Titeltrack, wo die Vocals wie durch eine Flüstertüte gesungen daherkommen, sodass „Transcendence“ die Funktion des langgezogenen Outro übernimmt.

„Transcendence“ in der Retrospektive

Die Kritiken zum zweiten CRIMSON-GLORY-Longplayer sind durch die Bank positiv. „Transcendence“ schließt sich nahtlos an sein Vorgängeralbum an, wobei es CRIMSON GLORY gelingt, ihr Profil als eigenständige Band zu schärfen. Hervorgehoben wird vor allem das stimmige, bis ins Detail ausgearbeitete Konzept. CRIMSON GLORY und „Transcendence“ werden nicht nur als bestes amerikanisches Progressive-Metal-Album der 80er eingestuft, sondern auch als eines der besten Metal-Alben des Jahrzehnts. „Transcendence“ ist das Zeugnis einer Band, die das Potenzial hat, sich in naher Zukunft vollständig zu etablieren.

Den Kritiken ist wenig hinzuzufügen. „Transcendence“ gilt völlig zurecht als die Blaupause für den progressiven melodischen US-Power-Metal. Viel besseres Material, als dass was CRIMSON GLORY 1986 und 1988 veröffentlicht haben, lässt sich in dem Sub-Genre kaum finden. Jedoch sollten die Kritiker bezüglich der Etablierung von CRIMSON GLORY unrecht haben. Eigentlich ist alles angerichtet für die große Musikerkarriere.

1991 folgt „Strange And Beautiful“ ohne Drummer Dana Burnell und Gitarrist Ben Jackson. Vor der dazugehörigen Tour steigt auch noch Sänger Midnight aus und wird durch David Van Landing ersetzt. Die kommerzielle Neuausrichtung des dritten Longplayers verprellt die Fans und am Ende des Jahres 1991 lösen sich CRIMSON GLORY auf.

Der legendäre Sänger Midnight verstirbt viel zu früh 2007. Diverse Neustartversuche sind ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Fun Fact: Der jetzige QUEENSRŸCHE-Sänger Todd La Torre war vor seinem Einstieg bei Michael Wilton und Co. für drei Jahre Sänger bei CRIMSON GLORY. Aktuell sind CRIMSON GLORY mit drei Bandgründern und Travis Wills am Mikrofon erneut aktiv und unter anderem für das Rock Hard Festival 2025 bestätigt. Unterm Strich bleiben zwei genreprägende LPs, die viele metallische Musiker:in weltweit beeinflusst haben.

11.12.2024

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