Cosmic Tribe - The Ultimate Truth About Love, Passion & Obsession

Review

Neo Hippie Space Rock. Der Kreativität beim Erfinden neuer Genrebezeichnungen sind bei COSMIC TRIBE offenbar keine Grenzen gesetzt. Bleibt zu hoffen, dass sich die Kreativität nicht darauf beschränkt, sondern sich in der Musik wiederfindet.
Mit „The Ultimate Truth About Love, Passion And Obsession“ – nicht nur ein langer, sondern auch ein offenbar sehr selbstbewusster Albentitel – veröffentlichen die Hannoveraner bereits ihr viertes Album. Um das Fazit an dieser Stelle schon einmal vorwegzunehmen: Es bleibt zu hoffen, dass das Album nicht ultimativ ist, sondern noch die ein oder andere Veröffentlichung der Band folgt. „The Ultimate Truth About Love, Passion And Obsession“ ist nämlich ein wirklich schönes Stück Rock geworden.

Die Hippieästhetik, mit der die Jungs kokettieren, findet sich so in der Musik (ich muss sagen: zum Glück!) nicht wieder. Den Fotos nach zu urteilen ist die Band im Schnitt auch zu jung, um die Hippieära aktiv erlebt zu haben. Andererseits: ein gewisses 70er-Flair wohnt einigen Songs inne. Tatsächlich vollbringt die Band das Kunststück, den Charme des Rocks vergangener Zeiten zu versprühen, ohne dabei retro zu wirken. Im Gegenteil: trotz ihres Charmes wirkt das Album sehr modern und zeitgemäß. Die Erklärung dafür ist schnell gefunden. „The Ultimate Truth About Love, Passion And Obsession“ verarbeitet eine weit gefächerte Bandbreite an Einflüssen. Der Infozettel spricht von einer Melange aus Stoner, Alternative, Grunge, Nu Rock, Metal und einer gehörigen Prise 70’s Sound und 80’s Hard Rock – und hat damit ausnahmsweise mal vollkommen recht.
Dass viele Köche den Brei versalzen, ist eine oft herbeizitierte Phrase. COSMIC TRIBE schadet ihre Vielfalt allerdings überhaupt nicht, das Album wirkt wie aus einem Guss. Teilweise geht das sogar so weit, dass das Album über lange Strecken beginnt, eintönig zu wirken. Das allerdings kommt selten genug vor – so dass wir uns lieber auf die Stärken besinnen. Mit „All I Want“ steigt das Album gleich mächtig groovend ein, der Refrain wiederum geht als moderner Pop-Rock durch. Das könnte manch einem Hörer zu glatt sein, geht aber ganz gut ins Ohr – und hat somit auch seinen Weg auf das Konsolenspiel „Rock Band“ gefunden. Auch ein Erfolg.
Zu den stärkeren Songs des Albums zählt auch die Rockballade „Cold As A Stone“. Ziemlich eingängig, allerdings kein bisschen plump. Was in dem Song, obwohl ruhigerer Natur, ziemlich klar wird – wenngleich das für das ganze Album gilt – ist, mit welcher unbändigen Spielfreude die Band spielt. Der Funke springt über, COSMIC TRIBE zu hören macht einfach gute Laune. Mich beeindruckt auch, wie gut die Band harmoniert. Vielleicht kann man das nach elf Jahren auch erwarten, lobenswert ist es trotzdem. „The Ultimative Truth About Love, Passion And Obsession“ bewegt sich musikalisch auf einem hohen Level, ohne allzu technisch daherzukommen, ohne gar allzu konstruiert zu wirken.
Die Band verschießt eine Menge Pulver in der ersten Hälfte des Albums. „Sick & Soulless“ ist vielleicht der beste Song des Albums, das darauffolgende „20 Times To Mars“ begeistert mit fantastischen Gitarren und einem grandiosen Ohrwurmrefrain. Die folgenden Songs sind gut, stechen aber nicht weiter heraus. „Sad Songs“, wie könnte es bei dem Titel anders sein, beginnt mit Akustikgitarren und bestätigt sich als gefühlvolle Ballade. Der Text ist etwas kitschig, der Song, besonders der Gesang, allerdings über jeden Zweifel erhaben. Verabschieden tun COSMIC TRIBE sich mit einem Edit von „Sick & Soulless“. Uncut Solo nennt sich das ganze, was das heißt, ist klar. Was mir nicht ganz klar, ja, eigentlich unverständlich ist: Warum nicht gleich so? Der Song wirkt mit dem unbeschnittenen Solo noch besser, das Edit hätte man sich sparen, den regulären Song unkastriert bleiben lassen können.

„The Ultimate Truth About Love, Passion And Obsession“ ist ein überraschend starkes Album. Dank Bandnamen, Albenaufmachung und Hippieästhetik hatte ich etwas völlig anderes erwartet, bin aber positv überrascht. Von guten Songs abgesehen bietet das Album passenden, warmen und sehr druckvollen Klang; eine Produktion, die das Album zu einem stimmigen Gesamtpaket veredelt. Einzig die Texte gewinnen keinen Blumentopf, da die konzeptionell bei COSMIC TRIBE allerdings nicht im Mittelpunkt stehen, drücke ich hier mal ein Auge zu. So bleibt ein wirklich starkes Album, dessen eigentlich 7,5 Punkte aufgrund der ungeheuren Spielfreude, die das Album versprüht und – ich geb’s ja zu – aus lokalpatriotischen Gründen auf acht aufgerundet werden.

27.09.2010
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