Corpus Christii - PaleMoon

Review

Was hat das metallische Portugal so im Angebot? MOONSPELL kennen die meisten, GWYDION sicher ein paar, RAMP und SACRED SIN existieren schon richtig lange, und dann sind da noch diverse Combos, die mehr oder weniger bekannt sind. Wer ganz tief in die portugiesischen Wälder wandert, wird in einer mächtig dunklen Ecke auch CORPUS CHRISTII finden, wobei man hier eigentlich nur einen Namen nennen muss: Nocturnus Horrendus. Der treibt seit 1998 unter dem CORPUS-CHRISTII-Banner sein diabolisches Unwesen, spielt regelmäßig alle Instrumente selbst ein und schreibt die Songs. Die beachtliche Einzelleistung findet auf dem siebten Studioalbum „PaleMoon“ seinen bisherigen Höhepunkt, so viel sei schon verraten, weil es die Bewertung eh vorwegnimmt. Konzeptionell sind die Stücke des Portugiesen von der für den Black Metal prototypischen schwarzen Seele durchzogen, das Wort Satans auf den Stimmbändern, plakativ, bösartig, um die Welt und alles Leben ins Chaos zu stürzen. Kennt man. Mögen nicht alle, aber viele. Fabriziert CORPUS CHRISTII via „PaleMoon“ ungemein hochwertig!

Im letzten Jahr hat Nocturnus Horrendus beim deutschen Kultlabel Folter Records unterschrieben, und als erste verdorbene Frucht der neuen Zusammenarbeit wurde das 2011er-Werk „Luciferian Frequencies“ als Vinyl-Edition veröffentlicht. Vergleicht man den direkten Vorgänger mit dem Neuwerk, springen einem sogleich ein paar Unterschiede an: stimmlich wagt sich der Einzelgänger in noch dramatischere, intensivere Gefilde – vor allem die reinen Schreie gehen durch Mark und Bein. „PaleMoon“ überzeugt dahingehend songübergreifend – die Vocals fräsen sich durch die Gehörgänge tief in den Leib des Hörers, wühlen auf, zerreißen, hinterlassen Löcher, durch die eine klebrige Finsternis fließt, die von den Liedern freigesetzt wird. Das neue Album erhält die Reinkultur des Black Metals in der Summe, bricht sie aber in Momenten auf, in denen sich die Songstrukturen kurz vom klassischen Aufbau wegbewegen, in denen sich disharmonische Monotonie kampfbereit den flirrenden Melodien feinerer Gitarrenläufe entgegenstellt, in denen dem Thrash Metal Eintritt gewährt wird und dergleichen. Zudem ist das neue Material wesentlich schneller, die Riffs sind schlicht besser, die Variation ist noch ausgereifter.

Stichwort Variation: Die Breaks zur Variierung der Geschwindigkeit und der musikalischen Ausrichtung sind phasenweise sowas von gekonnt, hört nur mal in „Eternal Bliss“ rein, in dem das Tempo durch eine simple, aber für den Songkontext ideal ausgewählte Akkordfolge runtergedrosselt wird. Die Verflechtung des melodischen Licks am Ende lässt den Song dann unverschämt episch enden. „PaleMoon“ reizt die Möglichkeiten der Abwechslung im eng gesteckten Black-Metal-Korsett insgesamt sehr gut aus. Mal schrammelt es ganz traditionell, mal schwirrt einem der bekannte Bienenschwarm entgegen, dann sind es wieder Melodien, die begeistern, an anderen Stellen tönt es thrashig. Dass das Schlagzeug da munter mitspielt, beweist schon der zweite Song „Under Beastcraft“, zugleich ein Album-Highlight. „The Great Death“ senkt die Geschwindigkeit zum ersten Mal und startet eher monoton walzend –  da kommt INQUISITION-Stimmung auf, und man rudert ein wenig zu „Luciferian Frequencies“ zurück. Im späteren Verlauf sticht ein andersartiges Riff aus der Masse an stringenten Black-Metal-Riffs heraus. „Last Eclips“ ist hingegen zu großen Teilen von Dissonanz und Minimalismus geprägt – kommt beinahe einer Sirene gleich, die irgendeine fiese Bedrohung ankündigt, während zwischendurch Platz für schlängelnde Schwarzwurzelei und im Mittelteil für etwas Blackened Thrash gemacht wird. „Being“ besteht fast nur aus Samples, die dämonisches Gebrabbel mit einer cleanen Gitarre zu purer Düsternis verbinden. Im Endeffekt liefert CORPUS CHRISTII mit „PaleMoon“ keinen einzigen Ausfall, nur zu wenig tatsächliche Hits, um die volle Wertung abzusahnen.

16.03.2015
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