Coppelius - Kammerarchiv

Review

COPPELIUS liefern ein Best-Of-Cover-Opern-Neues-Zeug-Album

“Kammerarchiv“ kann ohne Zweifel als das seltsamste Album 2019 bezeichnet werden – oder vielleicht sogar als die seltsamste Werkschau, die je eine Band herausgebracht hat. So durcheinander sind die Lieder positioniert, so konfus das Konzept, so unterschiedlich die Stile – also eigentlich ein Album, das bestens zu COPPELIUS passt.

Ganze vier Lieder aus der Vergangenheit haben es auf dieses Album geschafft, von denen eines nicht von COPPELIUS selbst stammt.  “I Get Used To It“, “To My Creator“ und “Dreaming“ sind Klassiker der Kapelle und zumindest die beiden erstgenannten schaffen es regelmäßigen auf die Konzert-Setlist. Auf “Kammerarchiv“ erstrahlen sie in neuem Glanz, kräftiger, rockiger und auch mit verbessertem Klang immer noch packend. Letzteres gilt ebenso für “1916“, für die meisten sicherlich durch die Schöpfer MOTÖRHEAD bekannt. COPPELIUS schaffen es die Magie dieser traurigen Kriegsballade einzufangen und auf ihre eigene Art zu interpretieren, ohne dabei das Original zu verhunzen. Dass COPPELIUS Spezialisten für ruhige Nummern sind, zeigen sie auch auf “Kammerarchiv“ überdeutlich. Das piano- und cellogetragene Stück “Welthentrubel (Selten genug)“ darf wohl als der Höhepunkt der Platte bezeichnet werden. Die Stimme Bastilles trägt das Lied auf einem Bett aus Melancholie und der wehmütige Text tut sein Übriges.

E.T.A. Hoffmann trifft auf Ottfried Preußler

Neben den vier Klassikern und einer neuen Ballade, tummeln sich noch weitere illustre Lieder aus coppelianischer Feder, welche teils zu “Klein Zaches, Genannt Zinnober“, der ersten Steampunk-Oper der Welt gehören, die von COPPELIUS im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen über mehrere Monate hinweg aufgeführt wurde, und teils zur neuen Oper “Krabat“, deren Premiere am 09. Mai 2020 noch aussteht. Inhaltlich passt hier also nichts zusammen, schließlich trifft E.T.A. Hoffmann auf Ottfried Preußler. Aus diesem Grund kommt hier das einzelne Stück kaum zur Geltung, der Gesamtkontext fehlt. Beispielweise verliert sich das großartige “Was War Denn Das“ viel zu schnell in sich selbst, bricht ab und kann seine Geschichte so nicht weitererzählen.

COPPELIUS lieben das Covern – heute mal wieder mit IRON MAIDEN

Was jedoch wiederum für die Platte spricht, ist die kernige Stimme des leider verstorbenen Schauspielers Rüdiger Frank, der vor allem im TOM-WAITS-Cover “Way Down In The Hole“ brilliert. Apropos Cover: IRON MAIDEN sind auch wieder einmal dran. Nach spannenden Umsetzungen von beispielsweise “Killers“ oder “Phantom Of The Opera“ ist nun “Wrathchild“ dran, welches nicht wirklich etwas Neues zu bieten hat und somit nicht mit den erwähnten grandiosen Cover-Versionen mithalten kann. Deutlich besser gelang die Adaption von “Radio Video“ von SYSTEM OF A DOWN, das COPPELIUS in Bestform zeigt und energiegeladen sämtliche Instrumente zerlegt.

Es ist demnach festzustellen, dass es COPPELIUS in ihrem “Kammerarchiv“ wild und bunt treiben. So manch einem Zuhörenden mag dabei die Übersicht verloren gehen und unterhaltsame Stücke wie “Aus Den Betten“ oder “Mir Egal“, die es bitte in die künftigen Konzerte zu schaffen haben, gehen so womöglich im Wust aus Liedern etwas unter. Nichtsdestotrotz liefern COPPELIUS auf musikalischer Ebene vielfältige, unterhaltsame und tiefgründige Lieder, für die es sich auf jeden Fall lohnt, das Album zu erwerben. Eine sinnvolle Playlist kann man sich danach ja immer noch zusammenstellen.

20.02.2020
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