Conjurer - Páthos
Review
Die Briten CONJURER haben seit ihrem Debüt „Mire“ von 2018 eine kleine, aber eingeschworene Untergrundgemeinde um sich geschart, die den Mix aus Post-Hardcore mit Sludge- und Deathcore-Versatzstücken sehr feiert. „Páthos“ schickt sich nun vier Jahre später an, es dem erfolgreichen Debüt nachzutun, dabei aber diverser sich aufzustellen. Einflüsse aus dissonantem Death Metal, Deathcore und selbst Black Metal lassen sich hier in den Stücken finden, die meistens zwischen sechs und sieben Minuten Laufzeit pendeln. Auch die moderne, brachiale Produktion von Will Putney lässt neben manchem Breakdown an die Amerikaner FIT FOR AN AUTOPSY denken. Die Herkunft aus dem Hardcore ist hier aber immer noch zu vernehmen.
Hardcore, Melodie und Dissonanz verschmelzen zu „Páthos“
THE DILLINGER ESCAPE PLAN lugen als Referenz in manchen Mathcore-Momenten wie im punkigen, aggressiven Zweiminüter „Suffer Alone“ mal kurz vorbei, auch wenn CONJURER vielleicht nicht ganz so abgefahren wie die Amerikaner agieren. Aber auch der manchmal etwas monotone Schreigesang der Gitarristen Brady Deeprose und Dan Nightingale erinnert daran. „It Dwells“ startet das Album noch ein wenig gemächlich, aber durchaus abwechslungsreich und auch heavy, ehe der Vorschlaghammer im zweiten Track ausgepackt wird.
Denn „Rot“ ist in Sachen Dissonanzen und langsamer Riff-Tortur wirklich hervorzuheben: langsamer Spannungsaufbau, simple, aber wahnsinnig wirkungsvolle und finstere Riffs wie auch Drum-Grooves zerdreschen hier unnachgiebig Nacken wie Hirn. Ein Kommentator unter dem Youtubevideo verglich das mit dem Ziehen von Leichen durch Moorschlamm und das ist eine seltsame wie auch ungemein passende Analogie.
Der Kontrast aus manchmal schon lieblich (fast schon pathetisch 😉 ) zu nennender Melodie mit anschliessend fiesen dissonanten Akkorden macht hier unwahrscheinlich viel Spaß und lässt den Hörer sich ständig fragen, mit welchen weiteren Ideen CONJURER als nächstes um die Ecke kommen. Das hält „Páthos“ trotz fast fünfzig Minuten Spielzeit jederzeit frisch und spannend. „All You Will Remember“ wäre da ein gutes Beispiel für den eher „pathetischen“ Ansatz. Die Atmosphäre atmet eher Indie- oder Post-Rock-Vibes, es kommt sogar Cleangesang der Gitarristen wie auch ein weiblicher Spoken-Word-Part neben cleanen und akustischen Gitarren zum Einsatz, ehe es fast in Black-Gaze-Bereiche solcher Bands wie AN AUTUM FOR CRIPPLED CHILDREN oder DEAFHEAVEN kurz am Ende geht. So funktioniert Abwechslung, Emotion und Storytelling mittels Musik! Und da können sich andere Bands dicke Scheiben bei CONJURER abschneiden.
CONJURER haben den erfolgreichen Mix
Die subtile Bassarbeit von Connor Marshall setzt vor allem in den ruhigen Momenten Akzente und auch das Schlagzeug von Jan Krause weiß nicht nur auf Angriff zu gehen, sondern auch komplexer, aber immer noch songdienlich zu agieren.
„Basilisk“ wiegt nach ruhigem Einstieg fälschlicherweise in Sicherheit, ehe wieder dissonante Riffs in die Magengrube schlagen, aber trotzdem auch durch die ein oder andere Dur-Melodie und Arpeggien hymnischere Momente Einzug erhalten. Das erschafft ein Wechselbad der Gefühle aus Ruhephasen voller zerbrechlicher Schönheit und dem kalten Betongrau der Welt in Form von abartigen Breakdowns, Black-Metal-Tremolo-Leads oder Doublebass-Attacken.
Auch „Those Years Condemned“ startet mit cleanen Gitarren, Start-Stopp-Dynamik und generell melancholischer Ausrichtung, ehe erneut der Verweis zu Post-Black-Metal-Bands gemacht werden könnte. „In Your Wake“ stolziert mit Doom-Erhabenheit umher und lässt ebenfalls viel melancholische Melodie mit einfliessen, vor allem sind es hier wieder die ruhigeren Passagen, die auch dank Will Putneys Produktion wieder exzellent in Szene gesetzt werden, hier seien erneut Bass und Schlagzeug hervorgehoben, die dadurch besonders effektiv wirken.
„Páthos“ könnte verschiedene Genre-Liebhaber vereinen
Rausschmeisser „Cracks In The Pyre“ lässt sich ebenfalls Zeit und hat eine wesentlich getragenere Herangehensweise, mit akustischer Eröffnung, Wasserrauschen und versäuseltem Sprechgesang mit ordentlich Delay, die bald darauf von der stampfenden Hardcorekante abgelöst werden. Auch die so typisch sirrenden Post-Leads gesellen sich dazu, zum Schluss darf dann aber noch ein wenig hoffnungsvoller aus „Páthos“ entlassen werden. Auch wenn alles auf „Páthos“ vielleicht nicht komplett neu oder super herausragend ist, die Stärke von CONJURER liegt eindeutig in der effektiven Mischung aller verschiedenen Elemente.
So schön hat das schlicht schon lange keine Band mehr bewerkstelligt. Sofern ihr auch nur im entferntesten auf Bands wie CONVERGE, CULT OF LUNA oder FIT FOR AN AUTOPSY steht, solltet ihr CONJURER definitiv ein Ohr leihen. Der Vergleich allein sollte auch schon dafür sprechen, wie viele unterschiedliche Einflüsse sich hier vermischen und für welch eine Bandbreite an verschiedenem Publikum CONJURER interessant sein könnten. Als neue aufstrebende Band im Metal/Hardcoreuntergrund sind die Briten für die Zukunft definitiv im Auge zu behalten.
Conjurer - Páthos
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Deathcore, Hardcore, Post-Hardcore, Sludge |
Anzahl Songs | 8 |
Spieldauer | 50:18 |
Release | 01.07.2022 |
Label | Nuclear Blast |
Trackliste | 1. It Dwells 2. Rot 3. All You Will Remember 4. Basilisk 5. Those Years, Condemned 6. Suffer Alone 7. In Your Wake 8. Cracks In The Pyre |