Ohne großes Brimborium, Unmengen an Werbebüdget, dicke Fresse ohne das Geringste dahinter, und auch ohne großes Label ist es manchmal möglich, ein nicht nur verdammt gutes, sondern auch richtungsweisendes Album zu veröffentlichen. CODE würde vielleicht als Nachfolger von VED BUENS ENDE durchgehen, allerdings ein klein bisschen weniger avantgardistisch, dafür ein gutes Quentchen puristischer. Ähnlich wie KHOLD reduziert das norwegisch/englische Gemeinschaftsprojekt den Black Metal wieder auf das, was er lange Zeit in Skandinavien war: urdüster, emotional, ehrlich – und dazu mit dem Schuss Revolution, den sich kaum noch jemand zutraut.
Zwischen den stampfenden, minimalistischen Riffs finden sich auch immer wieder Passagen, die ich als „verstörend“ beschreiben würde: effektverzerrter, klarer Gesang, den man sonst höchstens Kristoffer G. Rygg oder Simen Hestnaes zutrauen würde; seltsame Synthesizer; Pulp-Fiction-Gitarren; minutenlange Monotonie, ewig lang kaum variierte Drumpatterns und Akkorde. Die Liste ist lang. CODE haben selbstverständlich genug Stil und Gespür für das richtige Arrangement, um diese Elemente nicht zu überspannen oder falsch einzusetzen. Hier ist tatsächlich alles an seinem Platz, alles dient der (vielleicht kalkulierten?) Steigerung des Albums vom eingängigen Opener „The Cotton Optic“ bis zum vollkommen kaputten, entspannt schwelgenden „Ghost Formula“, wobei die Übergänge zwischen Konvention und dem Bruch derselben faszinierend fließend sind. Von rohem, röhrendem Black Metal auf hohem Geschwindigkeitsniveau und fürchterlichem Gekeife bis zu hochexperimentellen Gitarrenspielereien und der Ausreizung technischer Experimentiermöglichkeiten ist alles in vielen Facetten vertreten – und doch angenehm anhörbar. Letzteres ist sicherlich auch der exzellenten, einfühlsamen Produktion zu verdanken, die absolut up-to-date, aber kernig und eigenständig klingt.
Vielleicht scheint es anfangs ein wenig vermessen, sein erstes Album „Nouveau Gloaming“ zu nennen (eine Anlehnung an eine Bezeichnung aus der französischen Filmhistorie, in der die „Nouvelle Vague“ eine revolutionäre Wende markierte), im Grunde genommen wüsste ich aber wirklich nicht, wer sich so eine Titelierung besser verdient hätte als CODE. Die Musiker (unter anderem Kvohst von VOID/DHG, Vicotnik [ex-DHG] und Aiwarikiar [ex-ULVER]) sind lange genug dabei um bewiesen zu haben, dass sie keine Eintagsfliegen sind, sondern echte Künstler, die aus sich heraus immer wieder Neues, Niedagewesenes zu schaffen imstande sind, ohne den Kern der Sache aus dem Blickwinkel zu verlieren. Das ist absolut gelungen, was man auch an den sehr coolen Songtiteln und sicherlich auch an den Texten, die ich leider nicht auftreiben konnte, herrlich bewiesen sieht.
Mich wundert nur eines: warum ist diese Band nicht bei Moonfog gelandet? Sollte sich Sigurd Wongraven diesmal in seinem untrüglichen Gespür für große Talente getäuscht haben? Hoffen wir’s.
Brillant, und trotzdem scheinbar kaum beachtet. So wie Code auf "Noveau Gloaming" hat mich schon lange nichts Schwarzmetallisches mehr mitgerissen: Ein genialer Sänger, der souverän zwischen hasserfülltem Gekreische und klaren Gesang irgendwo zwischen den beiden oben aufgeführten Kameraden wechselt, unkonventionelle, aber dennoch eingängige Melodielinien und die richtige Mischung aus Aggression und Melancholie. Als Hauptreferenz kann durchaus Ved Buens Ende durchgehen, wobei Code irgendwie "moderner" und weit weniger kopflastig bzw. progressiv zur Sache gehen. So hätten ggf. Ulver nach ihrer Trilogie klingen können, wenn sie sich nicht gänzlich von ihren Wurzeln verabschiedet hätten.