Code - Augur Nox

Review

Eigentlich hätte es mir klar sein müssen, dass mich meine großspurige Ankündigung am Ende der Rezension zur letzten CODE-Scheibe „Resplendent Grotesque“ irgendwann in den Hintern beißen würde. Für gewöhnlich versuche ich aber, meine Versprechen zu halten – hier also ist es:

…doch ohne Yusuf Parvez, ohne Kvohst…„,
so hörte man sie – skeptisch – prophezein,
…wird CODE wohl nie wieder dasselbe sein!
Ersatz? Hör auf! ‚Entwicklung‘? Schwacher Trost!

Hier ist es also – „Augur Nox“ getauft –
das dritte Album dieser schrägen Briten,
und hat – kein Witz! – verblüffend viel zu bieten.
Gehört. Gestaunt. Nochmal gehört. Gekauft.

Ganz einfach ist es nicht: Man muss es wagen,
sich von Erwartung gänzlich loszusagen –
erst dann kann „Augur Nox“ sich voll entfalten.

Wer Zeit noch mitbringt, und Geduld – ganz wichtig! –
dem scheint bald personeller Wechsel nichtig,
genau wie jener Satz: „Alles beim Alten.

Um es noch einmal weniger geschwollen und sprachlich etwas freier auszudrücken: Tatsächlich beweist CODE-Mastermind Aort mit den zehn Songs auf „Augur Nox“ (plus zwei Interludien), dass sich die musikalische Klasse seines (Haupt-)Projektes mitnichten auf die charismatischen Vocals Mat „Kvohst“ McNerneys (ex-VOID, ex-DHG, HEXVESSEL, BEASTMILK) und das Bass-Spiel Yusuf „Vicotnik“ Parvez‘ (DHG, ex-VED BUENS ENDE) reduzieren lässt. Sicher, Neu-Bassist Syhr bleibt im direkten Vergleich zu „Nouveau Gloaming“ und insbesondere „Resplendent Grotesque“ relativ blass, fügt sich aber nichtsdestoweniger integer in den Klangkosmos CODEs ein. Dieser, das muss an dieser Stelle ganz deutlich gesagt werden, ist in den vergangenen vier Jahren in ähnlichem Ausmaß gewachsen wie das „Resplendent Grotesque“ im Vergleich zu „Nouveau Gloaming“ demonstrierte. Stillstand gibt es bei CODE auch anno 2013 nicht.

Diese Erkenntnis kann Sänger Wacian meines Erachtens nicht ganz oder zumindest nicht unmittelbar untermauern – ohne Zweifel ist dies zum Teil meiner nicht gänzlich ablegbaren Erwartungshaltung geschuldet, aber ich ertappe die Gesangslinien und das Timbre Wacians immer wieder dabei, wie sie sich in die Nähe eines Kvohst oder auch eines Simen „I.C.S. Vortex“ Hestnæs begeben. Ich halte es für schwierig – wenn nicht gar unmöglich – diesen Eindruck vollständig hinter mir zu lassen, aber ich stelle fest, dass der Gesang Wacians mit jedem Durchlauf der knapp 55 Minuten eigenständiger klingt. Er wächst.

Das Gleiche gilt für „Augur Nox“ im Gesamtbild. Störte ich mich am Anfanz etwas an den vermeintlich eindimensionalen rhythmischen Figuren an der Gitarre, treten die oberflächlich wahrnehmbaren Muster zunehmend in den Hintergrund und offenbaren „Augur Nox“ als vielschichtiges, überraschend (zumindest angesichts des ersten Eindrucks) tiefes Album, das keine Ausfälle bietet und Aort ein weiteres Mal ein meisterhaftes Songwriting attestiert.

Dabei muss ich ganz ehrlich zugeben, dass ich nicht einmal genau sagen kann, warum „Augur Nox“ mich so fesselt; es gibt nichts, worauf ich mit dem Finger zeigen kann um „Darum!“ zu sagen; da ist nichts Greifbares, an dem ich meine Begeisterung aufhängen könnte. Das kann man wohl als gutes oder schlechtes Zeichen sehen – sowohl in Bezug auf das dritte Album CODEs als auch in Bezug auf meine musikjournalistischen Fähigkeiten -; es ändert aber nichts daran, dass „Augur Nox“ ein gelungenes Prog-Black-Metal-Album ist, das Liebhaber ungewöhnlichen Schwarzmetalls unbedingt antesten sollten.

08.12.2013

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