COBRA SPELL legen uns nach zwei EPs mit „666“ endlich ihr Debütalbum neben den Adventskranz. Dabei hat sich erneut das Besetzungskarussell gedreht, die internationale Truppe um Gitarrenheldin und einzige Konstante Sonia Anubis (Ex-BURNING WITCHES, Ex- CRYPTA) hat seit ihrer Bandgründung im Jahr 2019 gefühlt genug Musiker für drei Bands durch. Inzwischen sind COBRA SPELL bei einem komplett weiblichen Lineup angelangt, welches neben der niederländischen Chefin aus Neusängerin Kristina Vega (BORN IN EXILE) und Drummerin Hale Naphtha, beide aus Spanien, der venezolanischen Bassistin Roxy Herrera und der brasilianischen Gitarristin/Streamerin Noelle dos Anjos (NUNGARA) besteht.
COBRA SPELL rocken sich frech durch die 80er
Man merkt, dass Sonia Anubis bei COBRA SPELL die Zügel fest in der Hand hat, denn einen stilistischen Bruch gibt es trotz quasi kompletter Neubesetzung seit der letzten EP nicht. Die Band spielt tight auf und liefert ihrer Leaderin die Grundlage für so manch feurige Soloeskapade, während Kristina Vega ihren Vorgänger Alexx Panza (HITTEN) am Mikrofon mehr als kompetent ersetzt. Auch auf „666“ geben COBRA SPELL also sleazigen 80s Heavy Metal und Glam Rock zum Besten, bei dem sie sich so manchen Trick bei Veteranen wie den frühen W.A.S.P., QUIET RIOT, RATT und natürlich MÖTLEY CRÜE abgeschaut haben.
Entsprechend plakativ schlüpfrig sind dann auch die Lyrics teilweise ausgefallen, so etwa beim fetzigen wie plumpen „S.E.X.“, wenngleich COBRA SPELL im Vergleich zu den Schweinereien eines jungen Vince Neil, Blackie Lawless oder den satirisch überzogenen Exzessen von STEEL PANTHER doch eher harmlos unterwegs sind. So oder so wäre es aber etwas heuchlerisch, diesen jungen Damen jetzt zum Vorwurf zu machen, womit ein paar zugekokste Typen in buntem Spandex seinerzeit zu Weltruhm gelangt sind.
Auch wenn das Material bisweilen etwas zu sauber daherkommt, um sich das Prädikat „Sleaze“ wirklich zu verdienen, kann man den Ladies ein Händchen für Ohrwürmer nicht absprechen. Besonders die zweite Single „The Devil Inside of Me“ setzt sich ziemlich hartnäckig im Gehör fest und mit „Warrior from Hell“ gibt es eine breitbeinig posende Stadion-Hymne, die bei Live-Gigs bestimmt Gold wert ist. Ausgerechnet „Love Crime“ entpuppt sich schließlich als das härteste Stück der Platte, während „You’re a Cheater“ sowie „High on Love“ Arschwackler in bester MÖTLEY CRÜE-Manier sind.
Von Liebe, Leder und lustvollen Nächten
Echte Stinker gibt es eigentlich nicht, wohl aber ein paar schwächere Nummern. Die Ballade „Fly Away“ etwa ist mit über fünf Minuten viel zu lang und kommt ohne große Höhepunkte aus, während „Bad Girl Crew“ trotz oder grade wegen des niedlichen Songtitels ziemlich bieder vor sich hindümpelt. Etwas schade ist auch, dass COBRA SPELL den VIXEN-Touch ihrer 2022er Single „Flaming Heart“ auf „666“ nicht mehr weiterverfolgt haben; nur der Schmachtrocker „Love=Love“ geht stellenweise in die Richtung. Dabei stand ihnen dieser Sound gar nicht schlecht und ist heutzutage auch eher selten in freier Wildbahn anzutreffen.
Räder werden auf „666“ sicherlich nicht neu erfunden; manche werden sich vermutlich auch an den arg flachen und bisweilen etwas pubertären Texten stoßen, die heutzutage höchstens den verklemmtesten Spießbürgern die Schamesröte ins Gesicht treiben dürften. Auf der Habenseite stehen allerdings fünf talentierte und hochmotivierte Musikerinnen, die mit Spaß bei der Sache sind, ihren Lederstiefel konsequent durchziehen und mit Kristina Vega eine echte Bereicherung am Mikro in ihren Reihen haben.
Mit „The Devil Inside of Me“ und „Warrior from Hell“ haben COBRA SPELL außerdem mindestens zwei waschechte Hits am Start, Heavy-Metal-Fans mit Sleaze-Affinität sollten also unbedingt reinhören. Hoffen wir mal, dass das Lineup hält.
Bin wahrhaftig kein COBRA SPELL Fan, aber ich kann auch Glam und Sleaze nichts abgewinnen. Talent ist da, solide gespielt und geliedschriebt, ich schließe mich ner 7 an. Für Leute die an entweder Glam oder die Bühnenshow mögen, noch ein Punkt extra.