Chronicle - Where Chaos Thrives

Review

Erst einmal klingt es ein wenig komisch, wenn die Promo zur neuen Platte von CHRONICLE von „jungen Dänen“ spricht. Denn auf eines bezieht man sich dabei sicher nicht: Die Zeit, in der die Band schon existiert. Obwohl die Bandmitglieder offenbar tatsächlich noch in ihren Zwanzigern sind, existieren CHRONICLE bereits seit 2012. Genug Zeit also, ihren melodischen Technical Death Metal zu perfektionieren – schließlich ist „Where Chaos Thrives“ auch bereits Longplayer Nummer drei.

CHRONICLE – Gepflegt auf’s Maul

Zwar lässt das gezupfte Intro von „Usher In The End“ den Hörer noch kurz im Unklaren, wohin  die musikalische Reise auf „Where Chaos Thrives“ nun genau geht, allerdings verfliegt diese Ungewissheit sehr schnell, denn dann gibt es nur noch eins: Gepflegt auf’s Maul. Das Gaspedal wird irgendwohin getreten, wohin man es gesunderweise nicht mehr drücken kann und Lars Bo Nepper brüllt sich die Seele aus dem Leib, wobei trotzdem nicht nur das technische Level hoch bleibt, sondern eben eine gewisse Melodiösität über die gesamte Länge des Songs präsent ist. Das Label „Technical Melodic Death Metal“ passt hier also wie Arsch auf Eimer.

Die Dänen haben aber noch mehr drauf, und lassen in „Evolution In Reverse“ noch mehr Einflüsse aufblitzen. Neben einigen progressiv-dissonanten Passagen ist hier auch erstmals eine ordentliche Portion Thrash heraushörbar. In „Terrorform“ dominiert wieder eher der High-Speed-Death-Metal, mit den herrlichen Twin-Leads am Ende sind aber erneut genug melodische Versatzsstücke enthalten, um fast für so etwas wie Eingängigkeit zu sorgen.

Letztlich verändert sich dieses Rezept im weiteren Verlauf der Platte auch nicht mehr großartig, die Hauptzutaten bleiben extrem schnell gezockter, melodisch-technischer Death Metal mit ein paar Thrash-Anleihen und vielleicht ab und an ein etwas in schwarzmetallisches Kreischen abgleitender Gesang. Laune macht das allemal und auch CHRONICLE scheinen beim Einspielen ordentlich Spaß in den Backen gehabt zu haben. Ganz besonders die zweite Hälfte der Scheibe hat außerdem noch ein paar geradezu episch-euphorische Melodiebögen parat.

Eins ist aber natürlich auch klar: Glühende Anhänger der puristischen Lehre des weisen Fenriz wird das Nähmaschinen-Getacker der Drums mächtig (höhö!) triggern. Oder anders gesagt: Der absolute Overkill an Trigger-Drums mag, genau wie der allgemein etwas pappig geratene Drumsound, nicht jedermanns Sache sein. Man muss es klar sagen: Selbst wenn CHRONICLE, wie in „Vestigial“, das Tempo etwas drosseln, wäre das auf den meisten anderen Alben immer noch eine Hochgeschwindigkeitsnummer.

Nichts für Mid-Tempo-Fetischisten – „Where Chaos Thrives“

Eins mag „Where Chaos Thrives“ nicht unbedingt sein: Eine totale Hitmaschine, auf der sich jede Nummer sofort im Kopf festsetzt. Für alle Doom-Freunde oder diejenigen, die ihren Todesstahl grundsätzlich lieber im gesetzten Mid-Tempo mögen, ist das Dauer-Geballer von CHRONICLE wohl auch eher nichts.

Wer allerdings mal wieder Bock auf eine richtig schnelle Sause hat, der drölfzigsten Brutal-Death-Scheibe eher wenig abgewinnen kann, aber auch so gar nix mit dem käsigen Symphonic-Teppich von FLESHGOD APOCALYPSE anfangen kann, dem sei diese Platte wärmstens ans Herz gelegt. Auch wenn ein paar Abnutzungseffekte über die gut 45 Minuten Spielzeit nicht von der Hand zu weisen sind, die vier Dänen gehören in ihrer kleinen Nische sicherlich zu den gleichermaßen interessanten wie talentierten Formationen.

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05.06.2023

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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