Nach zwei vielversprechenden EPs präsentieren die US-Amerikaner CHON ihre verkopfte Mixtur aus Jazz und Progressive Rock endlich im Full-Length-Format. Das Debüt des Vierers trägt den Titel „Grow“ – er könnte nicht besser gewählt sein. Denn tatsächlich wächst die Scheibe nach mehreren Durchläufen zu einem großartigen Album, randvoll mit tänzerischen Melodien, spannenden Arrangements und verträumt-experimentellen Klängen.
Die Band geht dabei mit beeindruckender technischer Finesse und unbändiger Kreativität zu Werke, liefert mit „Splash“ und „Fall“ quirlige Stücke, die klingen, als hätten sich zeitgenössische Jazz-Virtuosen wie JONATHAN KREISBERG und JULIAN LAGE gemeinsam mit Musikern von OCEANSIZE und THE SAFETY FIRE im Proberaum eingeschlossen, um ihre jeweiligen Klangwelten miteinander zu vereinen. Allerdings ist „Grow“ mitnichten eine reine Frickelorgie, CHON beweisen vielmehr ein sehr gutes Gespür für Zurückhaltung und lassen ihren luftigen Songs den nötigen Raum zum Atmen. Zudem sind die Kompositionen sehr kompakt geraten, keines der Stücke erreicht die Vier-Minuten-Marke, was „Grow“ einen fragmenthaften, aber auch sehr fokussierten Anstrich verleiht.
Hin und wieder agieren die Herren aus San Diego sogar ausgesprochen atmosphärisch, das großartige „Echo“ beispielsweise gleitet durch flächigen Progressive Rock und naiven Alternative – einige Chöre inklusive, welche selbst Großmeister wie STEVEN WILSON nicht von der Bettkante stoßen würden. „Knot“ wiederum ist zunächst Spielwiese der beiden Gitarristen Mario Camarena und Erick Hansel, bevor der Song schließlich in einer wunderbar packenden Melodie mündet, auf welche OCEANSIZE zu ihren besten Zeiten ebenfalls stolz gewesen wären. „Can’t Wait“ wiederum – einer der wenigen Songs der Scheibe mit Gesang – klingt phasenweise fast wie eine eingängig-gefühlvolle Rocknummer. Im Opener „Book“ und im starken „But“ nimmt außerdem noch Matt Garstka (ANIMALS AS LEADERS) hinter den Kesseln Platz und verleiht den Songs mit seinem Schlagzeugspiel einen etwas erdigeren Touch, während der standesgemäße Drummer Nathan Camarena in den restlichen Tracks etwas extrovertierter, aber nicht minder überzeugend agiert.
„Grow“ mag auf den ersten Blick in einigen Momenten etwas redundant klingen, reift aber nach eingehender Beschäftigung zu einem Kleinod der experimentellen Gitarrenmusik, welches Liebhabern aller in diesem Text genannten Referenzen sowie der aktuellen EXIVIOUS-Platte allerwärmstens ans Herz gelegt sei. Ganz großer Sport!
In Ermangelung aktueller in Deutschland verfügbarer Hörproben hier eine Live-Session aus dem vergangenen Jahr:
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