Als ich anfing, extremeren Metal zu hören, konnte ich eine Zeit lang nicht genug von CHILDREN OF BODOM bekommen, Alben wie “Something Wild” oder “Hatebreeder” rotierten fast täglich in meinem Player. Doch nach und nach verlor ich das Interesse an dem finnischen Quintett und das meiner Meinung nach sehr enttäuschende 2005er Album “Are You Dead Yet?” gab mir schließlich den Rest. Die Songs erschienen mir schlichtweg zu gleichförmig und auf Eingängigkeit getrimmt und doch blieben wirkliche Hits größtenteils aus, zudem kopierten sich die fünf Musiker zunehmend selbst. Seitdem sind sechs Jahre vergangen, in denen mich die Kinder vom Lake Bodom recht wenig beschäftigten (auch die letzte Platte “Blooddrunk” 2008 konnte mich nicht mitreißen), doch erneut bin ich sehr gespannt darauf, was die Helden meiner ersten Metal-Jahre denn dieses Mal abliefern.
Auf den ersten Blick ist “Relentless Reckless Forever” einfach typisch CHILDREN OF BODOM. Alle gängigen Trademarks der Finnen sind vorhanden, so z.B. das thrashig nach vorn peitschende, mit filigranen, flirrenden Soli gespickte Riffing, die mitreißenden Leads und Rhythmen, die markanten Keyboard-Melodien und -Einsprengsel und natürlich Alexi Laihos rotzige, aggressive Vocals. So locken besonders der Opener “Not My Funeral” und die späteren “Pussyfoot Miss Suicide”, “Ugly” und “Was It Worth It?” den Hörer schnell auf die falsche Fährte, dass das Quintett den auf den Vorgängeralben eingeschlagenen Pfad konsequent weiter verfolgt und sich somit auch überwiegend eher an das jüngere Publikum richtet – dem ist allerdings nicht so. Denn CHILDREN OF BODOM machen den Anschein, endlich richtig gereift und erwachsen geworden zu sein. Zwar konnte man den Kindern schon immer ihr enorm hohes spielerisches Niveau zu Gute halten, doch ich habe das Gefühl, als würden die Finnen diese Fähigkeiten auf “Relentless Reckless Forever” erstmals nicht nur bei jeder Menge Soli und vereinzelten technischen Parts zu 100% ausleben, sondern diese auf das komplette Songwriting ausdehnen. Kurz gesagt: Scheiß auf Eingängigkeit und simple, live-taugliche Refrains und Passagen, her mit komplexen, geradezu progressiven Strukturen, ausgefeilten, detaillierten Riffs, spannenden zweistimmigen Leads und anspruchsvollen Spielereien mit Rhythmus, Tempo und Tonart. Persönlich bin ich begeistert von dieser Entwicklung, Tracks wie “Roundtrip To Hell And Back”, “Relentless Reckless Forever” oder “Cry Of The Nihilist” bieten jede Menge Details zum Entdecken und entfalten sich erst Stück für Stück, sodass man auch nach mehreren Durchläufen noch richtig Spaß an dem Album hat, doch die Wechselwirkung bleibt natürlich nicht aus: Eingängig ist der Großteil der Titel auf “Relentless Reckless Forever”, wie schon gesagt, nun wirklich nicht, doch die eingangs genannten Songs weisen zumindest noch in diese Richtung, wodurch das Album dennoch nicht zu schwer zugänglich sein dürfte.
An alte Glanztaten reicht “Relentless Reckless Forever” zwar nicht heran, besonders, weil man zum einen doch meint, das eine oder andere Riff schon auf einem früheren Album gehört zu haben und zum anderen, weil wirkliche Hits auch diesmal fehlen. Dennoch haben CHILDREN OF BODOM im Vergleich zu den letzten beiden Platten meiner Meinung nach wieder einen ordentlichen Schritt nach vorn gemacht, wagen endlich wieder ein paar Experimente und geben sich nicht der Stagnation hin. Hut ab und weiter so!
Warum finde ich Kitschkopp die besser als früher? Weil sie eben nicht ganz einfach vorgehen. Sie verzichten auf Hall, produzieren sandig, trocken, solieren ohne diese barocke Trälleratmosphäre von "Hatebreeder" und gehen rockiger vor. Alexi ist weder begnadeter Sänger noch Gitarrist, das weiß er auch, dennoch schafft es der Lausejunge, feinen Groove in komplexen Songs unterzubringen. Der Gesang ist das Gemeinste am Opus, die Gitarristen wollen gern an W.A.S.P. oder RAINBOW erinnern, erinnern hab ich gesagt!!! Nix Guttenberg hier… Laut gespielt knallt es fein im Cabrio, der nahende Frühling und die dazu gehörende solide Hochstimmung kann durch solche Bands wie COB oder ENSIFERUM fein intensiviert werden. COB sind harmlos-freundlich, sicher, na und?
Besser als all die schlecht gelaunten Gartenzwerge aus dem noch regressiveren Schwarzsektor sind sie ohnehin und sie spielen STRATOVARIUS und all die peinlichen (und dennoch hochgejubelten) Kastraten mühelos an die Wand. Und mit Death Metal hatten sie NIE etwas zu tun.
Äußerst ansprechendes Album, bei dem die Band ihre Trademarks allen voran die Keyboards, die zwar immer wieder in unterschiedlichsten Variationen eingestreut werden, die aber dennoch absolut NICHTS verweichlichen, äußerst mitreißend und überzeugend einsetzt. Das beste Album der Band seit Hate Crew Deathroll.
Album bewährt sich auch im Langzeittest. Von den Bands, die seit Jahren das Gleiche machen für mich eines der überzeugendsten Alben des Jahres. Vor Allem die schon genannten Keyboards sorgen vor ordentlch Atmosphäre und machen das ganze Gebräu spannend. Und solche Hooks muss man völlig ohne Klargesang erstmal hinbekommen.