Children of Bodom - Hexed

Review

Soundcheck März 2019# 3 Galerie mit 21 Bildern: Children Of Bodom - Rockharz 2019

Dass das Leben auf Tour für einen Musiker kein Zuckerschlecken ist, weiß auch Alexi Laiho, der mit CHILDREN OF BODOM seit über zwanzig Jahren auf Achse ist. Dieser Tage erscheint mit „Hexed“ das zehnte Album der Band, in dessen Opener „The Road“ der Sänger und Gitarrist sein mehrjähriges Tourleben aufarbeitet und im Refrain„This road’s gonna kill me“ krächzt. „Es ist wie eine Droge, weil du einfach nicht aufhören kannst“, erklärt er. „Ich kann nicht aufhören. Ich werde das tun, solange ich lebe und kann mir keinen anderen Weg vorstellen.“

„Es ist wie eine Droge“

So ähnlich verhält es sich auch mit der gesamten Band, die nicht ans Aufhören zu denkt scheint. Doch auch wenn es beharrlich weitergeht, klangen die letzten Alben der Band oft so, als wäre bei den Finnen langsam die Luft raus. Immerhin, nach den beiden Komplett-Verirrungen „Are You Dead Yet?“ und „Blooddrunk“ brachte „Relentless Reckless Forever“ die Band wieder auf Spur, auch wenn das Album etwas unausgegoren klang. „Halo Of Blood“ konnte zumindest ein paar gute Songs vorweisen, wohingegen „I Worship Chaos“ keine Highlights, dafür aber kurzweilige Unterhaltung bot.

Wird auf „Hexed“ nun alles anders? CHILDREN OF BODOM erfinden sich nicht neu, haben aber den alten Ballast abgeworfen, der sich in den vergangenen Jahren angesammelt hatte. Auf den Vorgängern gab es oft Songs, die trotz des musikalischen Könnens – das in der Band ohne Frage vorhanden ist – eindimensional und austauschbar wirkten. „Hexed“ klingt hingegen regelrecht befreit und frisch, lässt Spielfreude erkennen und bietet mehrere durchdachte Kompositionen.

CHILDREN OF BODOM werfen alten Ballast ab

Einen guten Vergleichspunkt bietet die Neuaufnahme des Songs „Knuckleduster“, der bereits vor fünfzehn Jahren auf der EP „Trashed, Lost and Strungout“ zu hören war. Zwar stellt dieser nicht unbedingt ein Highlight auf „Hexed“ dar, veranschaulicht aber die Entwicklung der Band. Die Songs sind vielschichtiger als zuvor, was daran liegt, dass CHILDREN OF BODOM ihre zweifelsfrei vorhandenen musikalischen Fähigkeiten dieses Mal besser nutzen.

Das beste Beispiel hierfür ist Keyboarder Janne Wirman, der aus einer Art Winterschlaf erwacht zu sein scheint und sein Instrument prominent in Szene setzt. Frischer Wind kommt offenbar auch durch Daniel Freyberg in die Band. Der neue Mann an der Rhythmus-Gitarre belässt es nicht bei bloßer Pflichterfüllung, sondern steuert lebendige Riffs bei, die anscheinend auch Bandchef Alexi Laiho dazu angespornt haben, wieder einmal sein volles Potenzial abzurufen. Ausgefeilte Duelle zwischen Keyboard und Gitarre stellen auf „Hexed“ dementsprechend den Höhepunkt der meisten Songs dar.

Eine kleine Stilanpassung sorgt für neue Möglichkeiten

Was „Hexed“ außerdem positiv von seinen Vorgängern abhebt, ist die Offenheit der Band, sich auch beim zehnten Album noch einmal anderen Einflüssen gegenüber zu öffnen. 70er-Jahre-Prog-Rock und Pop-Rock der 80er schimmern an vielen Stellen durch und sorgen für einprägsame Strophen sowie Refrains. Auch an dieser Stelle ist das Keyboard hervorzuheben, dass diese Einflüsse auf eine natürlich klingende Weise in den typischen CHILDREN OF BODOM-Sound einbaut. Bestes Beispiel hierfür ist der Song „Under Grass and Clover“, der alle Stärken von „Hexed“ in sich vereint und auf den Punkt bringt.

Durch diese kleine Stilanpassung erinnert „Hexed“ an vielen Stellen an „Nifelvind“, mit dem die Landsmänner von FINNTROLL vor einigen Jahren durch ähnliche Änderungen ein ähnliches Ergebnis erreichten und neue Möglichkeiten in ihrem Sound fanden. Ansonsten klingen CHILDREN OF BODOM auch im Jahr 2019 immer noch nach CHILDREN OF BODOM und mischen weiterhin harten Rock mit melodischem Death Metal, wie sie es schon seit Jahren tun.

Für die Produktion zeichnete sich Mikko Karmilla verantwortlich, in dessen Studio bereits halb Finnland zu Gast war. Dennoch klingt „Hexed“ nicht nach Stangenware, sondern klar und lebendig. Mal dominiert der Punch des Schlagzeugs, mal die Saiteninstrumente oder das Keyboard. Wirklich in die Quere kommen sich die einzelnen Instrumente jedoch nicht. Dadurch tönt das Album ungezwungen und locker aus den Boxen, versprüht trotz der harten Klänge fast schon eine gewisse Leichtigkeit.

„Hexed“ – Ein zweiter Frühling für CHILDREN OF BODOM?

Also ist alles gut geworden? Die Beharrlichkeit der Band hat sich ausgezahlt? Ja, so ist es – zumindest im Vergleich mit den direkten Vorgängern aus dem Hause Bodom. Mit etwas mehr Abstand betrachtet, lässt sich festhalten, dass „Hexed“ trotz aller Spritzigkeit das Rad nicht neu erfindet. CHILDREN OF BODOM ist dennoch ein sehr gutes Album gelungen, das in seiner Gänze musikalisch ausgereift ist und nicht zuletzt auch Spaß beim Zuhören macht.

Der finnischen Band, die aufgrund ihres Images stets auch ihrer eigenen Jugend hinterherrannte, ist mit „Hexed“ ein erwachsenes Album gelungen, das auch alte Fans und bisherige Verweigerer zufrieden stimmen könnte. Wer allerdings noch nie mit bestimmten Stilelementen der Band, wie dem stellenweise verzerrten Gekrächze von Alexi oder dem ständig präsenten Keyboard, warm geworden ist, sollte besser die Finger davon lassen. Ob dies der Beginn eines zweiten Frühlings für CHILDREN OF BODOM ist, wird jedoch erst in der Rückschau zu bewerten sein – vorausgesetzt, die Straße bringt nicht wirklich jemanden aus der Band um.

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01.03.2019

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12 Kommentare zu Children of Bodom - Hexed

  1. y34rz3r0 sagt:

    Hallo liebe metal.de Redaktion.
    Ich habe mir gerade den kleinen Spaß erlaubt die beiden Rezensionen zu „I Worship Chaos“ und eben „Hexed“ beide zu lesen. Da ist ja fast kein Unterschied – zumindest im Fazit – zu erkennen (auch die Punkte sind gleich)… Ich weiß auch, dass da zwei verschiedene Rezensenten am Werk waren aber dennoch wirkt es, als sei sich zur neuen Platte doch stark beim Review des Vorgängers bedient worden. Ein Bisl mehr Mühe kann man sich doch noch geben…
    Zur Platte selbst komme ich dann, wenn ich sie in gänze bei mir rotiert hat… bin gespannt.

    1. Watutinki sagt:

      Wieso, in Zeiten der Digitalisierung ist es doch besonders effizient und Ressourcen schonend, Textblöcke einfach zu recyceln und damit im Sinne der Wertschöpfungskette sein Gewinnmaximum zu maximieren. Passt ja auch sehr gut zu Nuclear Blast Band, die Bands die dort spielen machen das ja genauso, immer der gleiche Mumpitz. :-O

      1. nili68 sagt:

        Ey, nix gegen Nuclear Blast, du Elitist!! 😀 Immerhin haben die Dimmu Borgir für Qualitäts-Black Metal..

    2. Marc Thorbrügge sagt:

      Hey,
      danke für dein Feedback. Es stimmt, dass sowohl der Rezensent von „I Worship Chaos“ und auch ich zu dem Schluss kommen, dass das jeweilige Album im Vergleich mit den Vorgängern „erwachsener“ klingt und wir teilweise die gleichen Adjektive benutzen, um das Ergebnis im Fazit zu beschreiben. Dass ich aber dort abgeschrieben hätte, ist nun wirklich nicht der Fall. Die alte Review habe ich im Vorfeld nur überflogen und habe sie beim Schreiben auch nicht als Inspiration benutzt, da ich „I Worship Chaos“ auch anders beurteile. Die Review zu „Hexed“ ist außerdem etwas umfangreicher und spricht durchaus einige andere Punkte an.
      So kommen wir vielleicht zum gleichen Schluss, gehen aber einen anderen Weg dahin. Die Ähnlichkeit im Fazit ist zwar erkennbar, das stelle ich nun nachträglich auch fest, ist aber in diesem Zusammenhang tatsächlich Zufall, bzw. kann vorkommen, wenn zwei Autoren zu einem ähnlichen Schluss kommen. Die Erklärung magst Du nun natürlich glauben oder nicht, eine andere kann ich dir aber nicht geben.

      1. y34rz3r0 sagt:

        Hi!
        Ich habe nie behauptet, du hättest abgeschrieben, sondern dich bedient. Was du ja auch ja auch zu gibst. Vielleicht in Zukunft nicht die Rezension des Vorgängers lesen, sondern ein Album vielleicht auch mal für sich betrachten und dann beurteilen.

      2. BlindeGardine sagt:

        Veto! Bei einer Band mit so vielen Alben unter der Haube wie CoB muss man neue Alben finde ich auch im Gesamtkontext betrachten und da hilft es auch, mal einen Blick in die Rezensionen vergangener Werke zu werfen. Da die Alben der Band sich ja doch recht ähnlich sind bleibt ein ähnliches Wording halt nicht aus, ich persönlich erwarte von Rezensionen aber auch keine Anwärter auf den Literatur-Nobelpreis. Ich möchte in erster Linie wissen, wie das Album in etwa klingt, gute Unterhaltung ist dabei ein Bonus.
        Oder als Gegenbeispiel: An anderer Stelle haben sich hier Kommentatoren schon lautstark beschwert, weil Rezensenten ein Album besprochen haben, die mit dem restlichen Werk der Band nicht besonders gut vertraut waren und das jeweilige Album daher auch nicht in einen Kontext zum Rest der Diskographie gesetzt haben.

        Man kann es aber auch so machen:
        Kurz notiert
        Wo CoF drauf steht ist CoF drin. Nicht weniger, selten mehr.

      3. Marc Thorbrügge sagt:

        „Hi!
        Ich habe nie behauptet, du hättest abgeschrieben, sondern dich bedient. Was du ja auch ja auch zu gibst. Vielleicht in Zukunft nicht die Rezension des Vorgängers lesen, sondern ein Album vielleicht auch mal für sich betrachten und dann beurteilen.“

        Lies dir bitte meinen Kommentar noch einmal genau durch. Ich gebe zu, dass es da ein ähnliches Wording gibt, weil wir zu einem ähnlichen Schluss kommen, sage aber explizit, dass ich mich eben nicht „bedient“ habe. Ich betrachte Alben generell für sich stehend und beurteile sie auch so.

        Vielleicht in Zukunft genau lesen was da steht und es nicht fehlerhaft im Sinne des eigenen Argumentes interpretieren 😉

        Also, um es einmal ganz klar und deutlich zu sagen: Entscheidend für die Bewertung von „Hexed“ war nur das Album selber, nicht die Review zum Vorgänger-Album. Wenn der Autor damals auch zu dem Schluss kam, ein „erwachsenes und ausgereiftes“ Album vorliegen zu haben, dann ist halt so. Bedient habe ich mich in seiner Review aber sicher nicht. Wäre ja auch nicht ganz sinnvoll, falls ich wirklich keine Idee haben sollte, die Meinung zu einem ganz anderen Album aufzugreifen.

  2. _lillith sagt:

    Die Platte ist bei mir völlig belanglos ohne jedes Highlight durchgeplätschert. Keine Ahnung, wie man da 8 Punkte vergeben kann.

    5/10
    1. hhirsch sagt:

      Für mich entwickelt sich CoB zu einer chinesischen Band – kopieren sich selber – Album knüpft für mich nahtlos an den schwachen Vorgänger an – weit entfernt von den starken Alben von vor ca. 15 Jahren. Man könnte meinen es spielt eine CoB Cover Band. Da ist kein Song dabei der einen zum genauer „hin hören“ animiert.
      Für mich ein absolut enttäuschendes Album. Die 8 Punkte Bewertung ist für mich nicht nachvollziehbar (beim Vorgänger ebenso wenig).

      3/10
  3. rene sagt:

    Hallo liebe Metal Freunde!
    Für mich ist dieses Album ein absoluter Knaller! Ideenreich, spannende Riffs und irgendwie nie langweilig.
    Die Vocals sind gewöhnungsbedürftig, textlich habe ich mich ehrlich gesagt nicht damit befasst. Rein Instrumental ist das Album aber verdammt gut! Man merkt, dass die Herren mit ihren Instrumenten umgehen können.

    Leider fehlt mir die Expertise musikalisch erklären zu können was mir an diesem Werk so besonders erscheint. Ich kann als normaler Metalhead aber vielleicht aufzeigen, was mein Herz höher schlagen lässt:
    Besonders gelungen finde ich das letzte Viertel von „Kick in a Spleen“. Melodisch einfach ein Traum!
    Songs wie „Under Grass and Clover“, „Relapse“ oder „Glass Houses“ laufen runter wie Butter und hörte ich auch am Meisten – sind es die Solis? „Soon Departed“ gibt mir (aufgrund des Tempos?) ein episches Gefühl – hier gefallen mir auch die Vocals besser als bei den anderen Songs. Erwähnenswert ist auch die „Morrigan“ Live Version auf der Deluxe Edition des Albums. Warum? Weil ich teilweise gedacht habe es sei eine Studioaufnahme – scheinen verdammt gut live zu spielen. Das macht den Metal für mich aus und so besonders 🙂

    Mein Fazit: Es ist kein „Hau rauf “ Album oder Nackenbrecher sondern sehr melodisch. Drums erscheinen mir teilweise eintönig, kann ich aber drüber weg schauen und meine, dass die Mischung aus Gitarre und Keyboard extrem gut zusammenpasst! In dieser Art irgendwie etwas besonderes und habe ich so auch noch nie bei anderen Bands wahrgenommen. Es macht das Album aus – lange her, dass ich so ein melodisches Album gehört habe. Ich möchte es eigentlich nicht wagen Vergleiche aufzustellen aber vom Gefühl her hatte ich persönlich so ein Hype zuletzt bei Glayman von Inflames. *bitte kein hate :D*

    9/10
    1. rene sagt:

      *Clayman (Wie konnte ich nur…)

  4. Alcapone sagt:

    Hallo!
    Ich teile an der Rezension, dass die Band erwachsender geworden ist. Das Album klingt hart, darin konsequent und weniger kitschig. Ohne mich hier unbeliebt machen zu wollen, eine ähnliche Entwicklung gibt es meines Erachtens im Techno. Der gute underground Techno klingt härter, wirkt professioneller und weniger Kitschig. Melodien werden behutsamer, aber gekonnt eingesetzt. Ebenso wie in diesem Album.
    Ich muss sagen, ich höre schon ewig Metal (vor allem Deathmetal und Trash) konnte aber früher nie etwas mit Children of bodom anfangen, weil mir das Keyboard auf den Sack ging.
    Mittlerweile konnte ich mich da aber etwas öffnen und höre jetzt viel Hatebreeder und Hate crew death roll. Aber nur, weil die geniale Gitarre wieder alles wett macht.
    Ich teile nur nicht die Meinung, dass man die Finger von dem Album lassen sollte, wenn man früher schon nichts mit dem keyboard anfangen konnte. In dem Album wird es ja deutlich verhaltener eingesetzt. Ich reagiere bei dem Album bei weitem nicht mehr so allergisch auf das Keyboard wie früher.