Rock mit Vergangenheitsverweis und langen Bärten: Beim australischen Powerhouse CHILD bedeutet das allerdings kein Retroeinschlag, wie er heute dutzendfach praktiziert wird, und vor allem auch kein psychedelisches Element – „Blueside“ zeigt einfach drei Musiker, die bestens aufeinander eingespielt, jambesessen und bluesverliebt sind. So gesehen ist der Titel natürlich trickreich doppeldeutig, und die dominierende Farbe Blau auf dem Cover ist nur vordergründig die einzige Lesart.
Die fünf Songs sind zunächst einmal Blues-Stücke, die sich beim Spielen entwickeln: Gitarrist und Sänger Mathias Northway spielt mit seinen beiden „Instrumenten“ quasi doppelstimmig, da antwortet seine Gitarre auf seine Gesangslinie, da korrespondiert der Bass mit dem Gesang oder dem Schlagzeug. Hat hier jemand das Stichwort „doomige Schwere“ ind en Ring geworfen? Tatsächlich erinnern CHILD beispielsweise in „It’s Cruel To Be Kind“ an das Stück „Warning“ vom BLACK SABBATH-Debüt – allerdings ohne brachial zu wirken. Die Stücke atmen, und das bedeutet, dass Schlagzeug und Gitarre nicht notwendigerweise durchspielen müssen. Manchmal drehen die drei Musiker aber auch die Lautstärkeregler auf, schmeißen den Gitarrenverzerrer an, und dann kann man sich gut vorstellen, warum die Band live gerne im Gefolge von Metal-Bands spielt.
Keine Hits? – Trotzdem cool!
Jetzt ist es so, dass CHILD sich sehr auf ihr Feeling verlassen und „Blueside“ im strengen Sinn keine Hits enthält. Und dennoch: Die Platte ist ziemlich cool. Sie rockt, atmet, hat Feeling, ist authentisch und arschtight gezockt. Wer also auf große Refrains verzichten kann und sich auf das Tempo einlässt, wird spätestens bei „Dirty Woman“ unweigerlich mit dem Kopf mitwippen. Und bei den langen Improvisationen bei „The Man“ mitgehen. Kurzum: „Blueside“ ist ein starkes Heavy-Blues-Album, und man wird sich nach vierzig Minuten trotz überschaubarer Hitdichte bestens unterhalten fühlen.
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