Eigentlich hat Chelsea Wolfe in ihrem musikalischen Wirken schon eine breite, stilistische Trajektorie abgedeckt. Angefangen im Folk mit rohem Vintage-Flair über experimentellere, düsterere Klänge hin zum Doom wandelte die US-Amerikanerin von Album zu Album ihr musikalisches Gewand, wobei ein Kernelement – die Dunkelheit – immer mitgeschwungen ist. Mal äußerte sie sich in düsterer Melancholie, mal in zermürbender Finsternis, je nach dem, was die entsprechende Stimmung und die Intensität ihrer stilistischen Aufstellung zuließ.
„Birth Of Violence“ = Back To The Roots?
Nun geht es mit „Birth Of Violence“ zurück zu den Folk-Wurzeln, inspiriert von der selbst auferlegten Einsamkeit im Rahmen ihrer Touraktivitäten, als Chelsea Wolfe sich nach all dem Stress einfach mal in ihre nordkalifornische Heimat zurückziehen musste. Hier wird jedoch mitnichten alles auf Anfang zurückgesetzt, sondern einen Schritt weiter gedacht. Wo das Debüt zum Beispiel noch von rauer Natur gewesen ist, kommt „Birth Of Violence“ deutlich sauberer, wärmer und größer daher. Das Feeling ist ein ganz anderes, die Songs wirken weniger in sich gekehrt, wobei das Album dennoch allein aufgrund der minimalen Instrumentierung, die sich meist um die akustische Gitarre oder das Klavier herum organisiert, sehr intim geraten ist.
Chelsea Wolfe hat hier ein erstaunlich zugängliches Werk geschaffen. Die Doom-Einflüsse der vergangenen zwei Alben, speziell des Vorgängers „Hiss Spun“, sind wieder nahezu komplett verschwunden und werden wenn dann nur noch in Form einer musikalischen Randnotiz eingewoben. „American Darkness“ zum Beispiel erinnert dank der molllastigen Klaviertupfer und dem mit Besen gespielten Schlagzeug lose an die in Klang gegossene Hoffnungslosigkeit von BOHREN & DER CLUB OF GORE mit dem Unterschied, dass der Song hier mit einer hinreißenden Hook aufwartet.
Chelsea Wolfe zelebriert die einladende Dunkelheit
Überhaupt: Auch wenn Dunkelheit und Schwermut im Klangspektrum der US-Amerikanerin immer noch eine Rolle spielen, so wirkt „Birth Of Violence“ in seiner Gesamtheit doch einladender als die Vorgängerwerke. Man ist versucht, gar „freundlich“ zu sagen, aber dafür wiegt die in jede Menge Mollakkorde getauchte Musik doch noch etwas zu schwer. Dennoch folgt man der Einladung in dieses gothisch angehauchte, experimentelle Folk-Werk sehr gerne, besonders bei so einer Stimme, die sich im zurückhaltenden Klanggewand pudelwohl fühlt.
Der Opener „The Mother Raod“ etabliert sich als pulsierende, mit eindringlichen Synth-Versatzstücken versehene Einleitung in das Werk, das von einfachen Akkorden auf der Akustischen getragen auf einen Schlussteil mit malerischem aber irgendwie doch unaufdringlichen Bombast zusteuert. Die Unruhe von „American Darkness“ wird vom folgenden Titeltrack wieder aufgegriffen, aber noch weiter reduziert, sodass lediglich Gitarre und gespenstische Synthesizer den elegischen Gesang begleiten.
Stimmungsvolle, unaufdringliche Klangkunst
Dem Titel gemäß wird es bei „Deranged For Rock & Roll“ etwas rockiger aber nicht minder atmosphärisch. Hier kommen auch leicht angezerrte Gitarren zum Einsatz, die dem Song eine passende Rauheit verleihen. So richtig eröffnet sich dem Hörer die Finsternis auf „Erde“, das bis zum Ende hin bedrohlich vor sich hin brodelt und auf einen zermürbenden Schlussteil zuarbeitet. Auf der anderen Seite des Spektrums steht ein „Little Grave“, bei dem Chelsea Wolfe sich sehnsuchtsvoll und elegant durch den Song bewegt. Hat ein bisschen was von Björk.
Apropos: Etwas experimenteller wird es beim Doppel „Preface To A Dream Play“ und „Highway“. Bei ersterem führt ein geisterhaft vor sich hin klimperndes Klaver durch das Geschehen, das nach und nach an Intensität zulegt. Die Beats, die vor allem gegen Ende zum Einsatz kommen, sind verzerrt und treiben die Intensität des Stückes auf die Spitze. Die Stimmung wird im folgenden „Highway“ dann noch einmal mit bedrohlich pulsierenden Synthesizern gehalten für den letzten, regulären Track der Platte, ehe „The Storm“ diese mit einem solchen – buchstäblich – beschließt.
Vertonte Einsamkeit für den Herbst
„Birth Of Violence“ macht einem den Zugang erstaunlich leicht, ist aber dennoch kein Album für zwischendurch. Immerhin hat Chelsea Wolfe ihre Songs nach wie vor mit dichter Atmosphäre ausgestattet und die minimale Instrumentierung tut ihr übriges, um das Album so intim wie möglich klingen zu lassen. Man addiere dazu noch die saubere Produktion und Wolfes sensationellen, emotionalen Gesang und bekommt ein wunderbares Herbstalbum, dessen Veröffentlichungszeitpunkt kaum besser gewählt sein könnte.
Huch, das kommt ja wie aus dem Nichts. Wunderbares Lied und das wird gekauft, auch ohne den Rest gehört zu haben. Das dockt in meinem Gefühlszentrum, trotz anderer Musik, an den gleichen Rezeptoren wie Lana Del Rey an. Von der ist alles phantastisch, trotz verschiedener Schaffensperioden. Ich bin hin und weg..
Ich vernehme auch Parallelen zu den ruhigen Sachen von Myrkur. Hach..
Mir ist es leider zu ruhig und gleichförmig. Schade.<
Akustisch ist zwar auch mal ganz schön, aber nur akustisch dann auch auf Dauer zu viel des Guten für mich.
Die letzten beiden Alben waren mir da doch viel lieber und ich hoffe, sie greift das irgendwann mal wieder auf.
Sehe ich nicht ganz so, aber doch zumindest ähnlich. Die Songs sind zwar wirklich schön, doch auf Dauer kommt etwas Langeweile auf. Da waren mir die Vorgänger-Alben, bei denen auch mal die E-Gitarren reingekracht haben, lieber. Gut ist „Birth of Violence“ aber trotzdem.
Durchaus nett, wunderbar atmosphärisch und irgndwie edel. Über die ganze Spielzeit aber doch mit einige Längen, da die Melodien nicht immer so stark sind wie bspw. bei American Darkness oder Deranged for Rock & Roll.