Chelsea Grin - Ashes To Ashes

Review

CHELSEA GRIN – der Bandname klingt schon ziemlich fies und der Opener von „Ashes To Ashes“ lässt auf hundsgemeinen Deathcore von der Stange schließen. Aber von Stück zu Stück hangeln sich die Amerikaner auf der Qualitäts-Leiter ein Stück weiter nach oben. Stetig gibt es mehr Atmosphäre, Variationen und Überraschungen, sodass CHELSEA GRIN tatsächlich nachhaltig begeistern können. „Ashes To Ashes“ ist fordernd, bietet aber über fast 60 Minuten (!) unzählige spannende Feinheiten zu entdecken.

Ungewöhnliche Interludes, Intro und Outros wechseln sich mit den üblichen Schmetterriffs und Blastbeats ab. Dezente Streicherklänge, fein arrangierte Synthie-Einschübe, Klavierphasen, akustische Gitarren und ungewöhnliche Brüche in den Songs bestätigen, dass das Prinzip der Nichterfüllung meist gut aufgeht. Immer dann, wenn der Hörer sich sicher wähnt, und Riff xy oder die Wiederholung des Refrains vermutet, machen CHELSEA GRIN etwas komplett anderes oder stoppen den Song, ohne die plumpen Erwartungen zu erfüllen. Dass „Ashes To Ashes“ trotzdem knackfrisch und interessant bleibt und nicht destruktiv im negativen Sinne ist, liegt daran, dass CHELSEA GRIN talentierte Musiker sind. Meisterhaft auf den Punkt gezockt und dezent sublimiert, CHELSEA GRIN sind kreativ und dabei packend emotional. Die Deathcore-Szene ist sehr optisch orientiert, allerdings lehnen sich CHELSEA GRIN genau gegen diese Tatsache auf und poltern in „Sellout“ Folgendes: „So fuck your role models, And fuck the scene too, I hate your morals, I hate everything about you“. Dem Ärger steht allerdings auf dem neusten Werk selbstredend auch immer eine gewisse Enttäuschung und Trauer gegenüber und das melancholische, schon fast zahme „Waste Away“ führt diesen tauben Gefühlszustand zur Explosion. „Ashes To Ashes“ bietet Brutalität auf einer ganz anderen und viel treffenderen Ebene.

Anspruchsvollen Gitarrenparts und hervorragender Schlagzeugarbeiten werden instrumentale Momente gegönnt und sogar ganze Tracks („To Ashes“). Sicherlich wird dieser Druck live schwer darbietbar sein. Textlich präsentieren sich CHELSEA GRIN auf „Ashes To Ashes“ offensichtlich knapp, arbeiten mit häufigen Wiederholungen in unterschiedlicher Intensität. Hochwertig und inhaltlich interessante Lyrics skizzieren das Gefühl einer Szene, die Ernüchterung in Auflehnung umkehrt und brachialen Riffs eine Aussage zur Hand gibt. Das dritte Album „Ashes To Ashes“ von CHELSEA GRIN ist somit eine positive Überraschung worden, hinter der sich Veteranen wie WHITECHAPEL und SUICIDE SILENCE ganz brav anstellen müssen. Die Punkte sind mit deutlicher Tendenz nach oben zu betrachten, aber mehr Punkten steht in diesem Fall die lange Spielzeit und die daraus resultierenden kleinen Längen im Weg.

04.08.2014
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