Interessant, wie aus einem Subgenre-Baum so grundverschiedene Zweige sprießen können. Die urtümliche Black-Metal-Bösartigkeit wird heute nicht selten komplett ausgeklammert. Trotz böse klingendem Keifen und Knüppeldrums. Ob ein solcher Output nun als Post Black Metal bezeichnet wird oder einfach als experimentelle und avantgardistisch angehauchte Version des eigentlichen Subgenres durchgeht, ist wie immer ein Nebenthema. Musikalisch stehen diese Varianten extremmetallischer Verbeugungen aber im harten Clinch. Primitiv versus anspruchsvoll? So einfach ist es nicht – und man stößt bei der Kategorisierung an Grenzen. An die stoßen CHASMA auch. Die Amerikaner befinden sich in jenem Sektor, der sich tendenziell offener für andere Einflüsse zeigt, präsentieren in ihrem Sound aber gleichzeitig Typisches der anderen Seite. Sie schlagen also eine bemerkenswerte Brücke, die bei genauerem Hinhören qualitativ aber doch etwas rissig ist.
Das erste Stück ist mutig. Post in Reinkultur. Der cleane Frauengesang hat in dieser Art, wenn man das mal so dreist ausdrücken darf, im Black Metal eigentlich nichts zu suchen. Auch das Cover weist – bis aufs Logo – nicht wirklich in diese Richtung. Doch schon die zweite Nummer verdeutlicht, dass man sich nicht im Album geirrt hat. Die Dame mit der zugegebenermaßen angenehmen Stimme kehrt nicht wieder, stattdessen liegen die Vocals in der Folge recht brach im leicht heiseren Kreischbereich und steigen ab und an ins Krächzende auf. Nicht die einzige Überraschung, denn CHASMA knüppeln auf „Omega Theorian“ auch amtlich. Weil die Experimentierfreudigkeit nicht leiden soll, sind die Songs aber keineswegs monolithisch, sondern brechen immer wieder auf, sodass ruhige Interludien wie Honig aus den Arrangements fließen. Das verleiht den Nummern eine Note, die an Bands wie WOLVES IN THE THRONE ROOM erinnert, deren Klasse aber nicht erreicht.
Die schwarz getuschten Riffs sind in Ordnung, können aber keine Wow-Effekte erzielen. Dazwischen wurden typische progressive Parts platziert – wie der Downtempo-Abschnitt in „Arcane Firebirth“, der cleanes Gezupfe und Tastengeklimper durch langsames Drumming zu einem atmosphärischen Endspiel (komplette zweite Hälfte des Songs) verklebt, das eher zum verträumten Wegfliegen als zum Abgehen animiert. Ansprechend erdacht und umgesetzt, mehr nicht. Der Sound ist gelungen, doch wenn Vocals, Drums und Gitarren übereinanderliegen, agieren die Saiteninstrumente ein wenig zu sehr im Hintergrund. Das klingt alles nicht übermäßig berauschend und genau das ist „Omega Theorian“ auch nicht. Das dritte Werk der Gruppe aus Portland, die neuerdings unter dem Banner von Candlelight Records musiziert, ist ein solides Album in der Schnittmenge aus traditionellem und mutigem Black Metal.
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