Dass sie ihren Front-Of-House-Mischer im Booklet als reguläres Bandmitglied auflisten, ist nicht das ungewöhnlichste an CHAPTER II. Die Schweizer vereinen in ihrem rockigen Sound so viele Facetten, dass man beim ersten Hören noch gar nicht alle kleinen Details und Spielereien erfassen kann. Dabei reicht die musikalische Spannweite von bratendem Industrial-Riffing (besonders deutlich in „Sekhmet’s Summoning“) bis hin zu folkloristischen Weltmusik-Elementen wie den „Schügürüm“-Gesängen in „Seventh Hour“.
Dass daraus mehr als nur eine verwirrende und zerrüttete Achterbahnfahrt der unterschiedlichsten Stilistika entsteht, liegt in erster Linie an der fabelhaften Gesangsleistung von Sängerin Natalie Chandra, der CHAPTER II große Freiheiten eingeräumt haben. So nehmen sich die Instrumentalisten über weite Strecken stark zurück und zeigen ihre deutlich vorhandene Klasse eher im perfekten Zusammenspiel, das extrem tight und songorientiert wirkt. Vereinzelt blitzt dennoch jenes technische Genie durch, das „Angelface“ eine besondere Note verleiht.
Am Massengeschmack dürfte das Album dennoch komplett vorbeigehen. Hier passieren so viele im ersten Moment völlig widersprüchliche Dinge gleichzeitig, dass man der Musik extrem viel Aufmerksamkeit widmen muss, bevor sie endlich zündet. Und auch dann bleiben noch viele Ungereimtheiten zurück, die den positiven Gesamteindruck trüben. Das Songwriting hätte stellenweise noch kompakter, die ein oder andere Wiederholung gestrichen werden müssen. Die offensichtlich per Synthesizer emulierten Dudelsack-Klänge wirken so steril und kalt, dass man froh ist, dass sie nur in einigen Stücken zum Einsatz kommen und dort auch eher atmosphärische Background-Klänge als die eigentliche Melodieführung übernehmen. Trotzdem ist „Angelface“ kein schlechtes Album, das an vielen Stellen eine ganz eigene Magie entwickelt, die den Zuhörer dauerhaft in ihren Bann zieht.
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