Cephalic Carnage - Anomalies

Review

Anomalie? Ja, das kann man in Bezug auf die neue CEPHALIC CARNAGE so stehen lassen. Aber was war bei denen jemals normal? Nicht allzu viel, „Anomalies“ ist jedoch selbst für CEPHALIC CARNAGE ungewöhnlich! „Anomalies“ ist ein Panoptikum unbeherrschter musikalischer Entgleisungen, wie sie abgefahrener nicht kombiniert werden könnten! Ein durchgehendes Muster sucht man hier vergebens. Was jedoch allen Songs auf „Anomalies“ gemein ist, und seien sie noch so unterschiedlich, ist der ungeheure Spaßfaktor.
„Piecemaker“ ist da der saucoole Death N Roller in ENTOMBEDscher Tradition, der swingend und groovend jedem Arsch beibringt, wie er sich zu bewegen hat, bevor er in der zweiten Hälfte zum zähen Doom-Death-Monster mutiert, das in bester Funeral-Manier ausklingt, oder besser: -dröhnt. „Sleeprace“ ist der erste Stoner-Grind-Song, der mir je untergekommen ist. Die dreckigen Vocals und der groovende Rhythmus werden immer wieder durch rotzfreche Grindattacken unterbrochen, die mit typischen Gurgelvocals und Blastbeats den Eindruck erwecken, als hätte jemand den Sender verstellt! Selbst einen kleinen Seitenhieb auf den momentan so angesagten MetalCore verkneifen sich die wahnsinnigen Genies nicht und verpacken die verblüffende Erkenntnis „Dying Will Be The Death Of Me“ in ein melodiöses MetalCore-Stückchen, wie es selbst die eigentlichen Vertreter dieser Spielart kaum besser hinkriegen könnten. So muss Satire sein! Ein wahres Meisterstück ist ihnen allerdings mit dem knapp zehnminütigen „Ontogony Of Behavior“ geglückt, das mit einer so dichten Atmosphäre und einem so minutiösen Spannungsaufbau verblüfft, dass es auch perfekt auf NEUROSIS‘ „Souls At Zero“ gepasst hätte; das gegen Ende folgende technische Grindchaos einmal ausgeklammert.
Hätte man es nicht mit CEPHALIC CARNAGE zu tun, wo der Wahnsinn Methode hat und das Unerwartete erwartet werden muss, müsste man sich wohl ernste Gedanken machen, ob die Fans so eine Entwicklung schlucken würden. Da man bei diesen Knaben jedoch auf alles und nichts gefasst sein muss, wird „Anomalies“ wirklich niemanden enttäuschen, der den Jungs auch in der Vergangenheit die Treue gehalten hat. Überraschen wahrscheinlich, enttäuschen nie und nimmer. So ist ihnen ein absolut stilfreies Anarcho-Meisterwerk gelungen, das schon jetzt einen heißen Anwärter auf das Album des Jahres darstellt.

14.04.2005
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