Cathedral - The Last Spire

Review

Wie heißt es doch so schön: „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist“. Ob sich die britische Institution CATHEDRAL daran halten wollte, als sie uns vor geraumer Zeit darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass sie sich in Bälde in den wohlverdienten Band-Ruhestand begeben möchte, lässt sich zwar nur schwer beurteilen, Fakt ist jedenfalls, dass sie es ihren Fans mit diesem – wunderschönen – Abschiedsalbum ungemein schwer machen, diese Tatsache hinzunehmen.

Und zwar gerade, weil „The Last Spire“ nicht bloß nur ein weiteres Album, sondern eine unglaublich intensive und tiefschürfende, zugleich aber auch fordernde Angelegenheit geworden ist, tut es noch viel mehr weh. Aber auch der Umstand, dass man uns ein letztes Mal darauf hinweist, welch begnadete Musiker und vor allem Songwriter in dieser Besetzung zusammengearbeitet haben, macht den Abschied von CATHERDAL zu einer traurigen Angelegenheit. Knapp eine Stunde dauert der „Schwanengesang“, wobei uns die Herrschaften dabei auf eine Art Rundreise durch ihre Historie mitnehmen, das Hauptaugenmerk aber auf die Frühzeit gelegt haben.

Dabei machen sie jedoch keineswegs einen auf „retro“, sondern halten uns bei den Ursprüngen beginnend ihre dreiundzwanzig Jahre anhaltende Entwicklung ständig vor Augen. Getragen einmal mehr von den verwaschen wirkenden, dabei aber immerzu unter die Haut gehenden und in Wirklichkeit präzise auf den Punkt gebrachten Riffs von Garry „Gaz“ Jennings und den hypnotischen Gesängen von Zeremonienmeister Lee Dorrian, offeriert man uns – wenn auch oft nur als Nuancen – die gesamte Bandbreite an Sounds, für die wir CATHEDRAL in all den Jahren ihrer Existenz zu schätzen gelernt haben.

Dominierend ist jedoch selbstredend auch bei ihrem letzten studio-technischen Auftritt jene für die Band typische, auf den ersten Höreindruck fast schon schlampig und dreckig wirkende Vortragsweise ihrer ureigenen Doom-Variante, die sich jedoch beim Eintauchen in die Materie schon immer als erhaben und elegant und, im Nachhinein betrachtet, auch als stilprägend und zugleich als trend-resistent erwiesen hat. Auch was das Tempo und die Songlängen betrifft, liefert die Truppe die erwartete Vorstellung und ebenso zu vernehmen sind die längst Usus gewordenen prägnanten Hooks, die selbst aus kriechenden Lava-Strömen wundersame Ohrwürmer werden lassen und jeden Connaisseur erhabener Langsamkeit zum Dahinschmelzen bringen.

„The Last Spire“ entpuppt sich in Summe also als absolut dem Anlass würdiges Monumental-Epos und wird in Bälde wohl einen Ehrenplatz auf dem heimischen Altar erhalten. Und dass CATHEDRAL mit diesem finalen Werk einmal mehr ihre Klientel in kollektiven Freudentaumel versetzen werden, ist für mich ebenso logisch wie auch, dass jener Taumel zugleich vom gemeinsamen Tränenvergießen geprägt sein wird.

Am Schlimmsten jedoch empfinde ich die Tatsache, dass die von den Briten hinterlassene Lücke in der Szene wohl auf ewige Zeiten offen bleiben wird… Schade, dass es nun wirklich vorbei ist. Thank you very much, CATHEDRAL!

22.04.2013
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