Cathedral - The Ethereal Mirror

Review

„Can You Feel The Groove?“

Mit dieser Suggestivfrage animierte Lee Dorian das Publikum gerne, wenn er „Midnight Mountain“, den vielleicht bekanntesten Gassenhauer von „Ethereal Mirror“, auf den Bühnen rund um den Globus ankündigte. Und jener stellte sich auch als exemplarisch für weite Teile des Albums heraus: Waren CATHEDRALs großartige und wohl insbesondere für das Death- und Funeral-Doom-Subgenre einflussreiche Frühwerke – das „In Memoriam“-Demo und das 91er-Debüt „Forest Of Equilibrium“ – schroffe, rau vokalisierte Doom-Monumente, stand den Briten um Lee Dorian Anfang 1993 der Sinn weit mehr nach lockerem Rock und klassischem Heavy Metal.

Klar, der schwere, fiese Doom kroch nach wie vor durch Sieben- bis Achtminüter wie „Jaded Entity“ oder „Phantasmagoria“. Aber die kürzeren und flotteren Groove-Ungetüme „Ride“, „Grim Luxuria“ und vor allem die bereits eingangs erwähnte beschwingte Videosingle „Midnight Mountain“ – von den Engländern selbst(-ironisch) passenderweise als „Disco-Doom“ bezeichnet – waren das Morgenrot einer neuen Sonne, die im Stoner Metal der nachfolgenden, nicht mehr ganz so zwingenden Alben hoch am Firmament stehen sollte. Schon allein mit seinen Handclaps (!) verweigert sich „Midnight Mountain“ eigentlich so sehr dem Reinheitsgebot des (Doom) Metal wie Mahmud Ahmadinedschad in Israel eine Persona non grata ist, aber das augenzwinkernde Experiment wirkt keineswegs wie ein Fremdkörper auf einem Album, das auf der schieren Kraft der Saiteninstrumente unverwüstlich thront.

Einmalig wurde es aber erst durch Schlaghosenverfechter Lee Dorian: Seine auf dem Debüt noch exklusiv kratzig-niedergeschlagene Tonlage wirkte nun je nach Lust und Laune aufgehellt und lebhafter, doch gerne noch angenehm unprätentiös-grölig oder auch schon mal überbetont bis regelrecht bizarr; jedenfalls stets bestens unterhaltend und keinen Deut weniger authentisch: Unzählige „Uuuhhs“ und „Aaarrrs“ durchziehen den Beinahe-Einstünder. Und zu Beginn des mit Akustikgitarren zum Leben erweckten „Fountain of Youth“ zeigte der Charakterkopf, dass er es auch ganz behutsam kann. Das besitzt Seele, auch oder erst recht noch 20 Jahre später.

Mit „The Ethereal Mirror“ erschuf das Coventry-Quartett ein im positiven Sinne beinahe formlos scheinendes Werk des Übergangs, das seinen Reiz aus den dicht beieinander liegenden Stilen und Stimmungen zieht: düsterer Doom hier, direkt daneben locker rockende Hirnbohrer, das hat es vielleicht nirgendwo anders so stimmig verdichtet gegeben wie auf CATHEDRALs unverwechselbarem Zweitwerk – aus der modrigen Höhle einmal hinauf in die bierselige Eckkneipe, dann nach kurz-krudem Traumwelt-Abstecher in die 70er-Drogen-Disse und wieder zurück. Auch wenn allgemein gerne ein wenig stiefmütterlich behandelt, so bildet es mit Demo und Debüt doch das CATHEDRAL’sche Triumvirat, wobei es im Gegensatz zu seinen beiden Mitregenten wohl weniger für Death Doom und Funeral Doom, als für die Stoner-Gemeinde von Einfluss ist. Alles Gute zum 20sten, „The Ethereal Mirror“!

Shopping

Cathedral - The Ethereal Mirrorbei amazon12,99 €
13.04.2013

Shopping

Cathedral - The Ethereal Mirrorbei amazon12,99 €

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37228 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

2 Kommentare zu Cathedral - The Ethereal Mirror

  1. Lysolium 68 sagt:

    Find ich ja noch n Tick geiler als das erste.

  2. MetalGerhardt sagt:

    Finde das Album nicht minder schwierig, als ich den Vorgänger, aber einen solchen Stilwechsel vom ersten zum zweiten Album – Das bekommt auch nicht jede Band hin!
    Doom ist nur noch manchmal, aber insgesamt eher geringfügig vorhanden. Der Rest klingt wie eine Mischung aus sehr dreckigem Hardrock und Stoner-Metal. Instrumental gefällt es mir gut, aber die Vocals bleiben extrem gewöhnungsbedürftig. Manchmal wird geschrien, ganz selten mal ruhig und normal gesungen, überwiegend herrscht schroffer Gesang, der gerne mal schräg wird. Lee Dorian hatte scheinbar seinen Spaß, aber er strapaziert auch ein wenig die Nerven mit den schrägen Tonlagen.
    Ansonsten ein gutes Album. Völlig anders, als der Vorgänger und trotzdem gerade noch doomlastig genug, um die Fans nicht völlig zu vergraulen.

    7/10