Prog-Gourmet und Kollege Michael hat dem Debüt von CARATUCAY, „Deranged Serenades“, vor viereinhalb Jahren ein bisschen zu viel Gefrickel attestiert, obwohl die Songs an sich überzeugend waren. Nun steht die Progressive-Death-Metal-Band mit dem Zweitwerk in der Türschwelle, jenes wurde bereits im Februar veröffentlicht. Genug Interesse für ein paar Zeilen weckt es da in jedem Falle.
CARATUCAY mögen’s gerne lang
Der Bandname ist laut Metal-Archives übrigens ein erfundenes Wort und sagt nichts weiter aus. Die Songs hingegen wollen eine ganze Menge aussagen, denn mit neun Stücken plus Intro und dabei 67 Minuten Spielzeit ist klar, dass auch auf dem zweiten Schuss der Band gerne viel Raum und Zeit für Instrumentalpassagen genutzt wird.
Die Songstrukturen sind dabei komplex, frickeln das Gehirn aber nicht schwindelig. Beispielsweise sei dafür „Psychotorture“ genannt, das in seinen siebeneinhalb Minuten zwar von Strophe-Refrain-Schema über akustisch gehaltener Bridge samt Klargesang und finaler Hyperblast-Attacke so ziemlich alles bietet, dabei aber nicht langweilig wird oder das Konzept verliert.
Ein bisschen erinnert das Ganze an eine Mischung aus MISERATION und SOLUTION .45, witzigerweise zwei Bands, die von Christian Älvestam gefrontet werden. Die Growls schlagen in eine ähnliche Kerbe, die Vertracktheit der einzelnen Stücke könnten auch aus dem MISERATION-Lager kommen und die ruhige Verspieltheit findet sich auch auf manchen SOLUTION .45-Songs wieder.
Einige Stücke von „Nocturnes Of The Incarcerated“ haben Passagen, die einen aufhorchen lassen. So überrascht „Hiraeth“ auf einmal mit deutschsprachigem Gesang und einem Bass- und Gitarrensolo. Andere wiederrum ähneln sich im Aufbau ein Stück weit, arten allerdings nicht in blinde Selbstkopie aus. Das das Album beendende Monumentalwerk „Moonlight“ zieht dann noch einmal alle Register und kann gut genutzt werden, um sich von dem technisch-verproggten Todesblei der Band ein Bild zu machen.
„Nocturnes Of The Incarcerated“ hat seine Momente
Zwar ist nicht jeder Song auf dem Album im Langzeitgedächtnis geblieben, doch zu frickelig und verkopft wird der Zweitling von CARATUCAY auch nicht, sodass gegenüber dem Debüt qualitativ definitiv ein Schritt nach oben gemacht wurde. Für Fans des Genres ist es jedenfalls nicht verkehrt, ein oder zwei Ohren zu riskieren.
Sind gute Ansätze dabei, aber grundsätzlich holt mich die Platte gar nicht ab, was zum Teil auch an den Vocals liegt, die für meinen Geschmack etwas zu laut im Mix abgemischt sind und n bisschen arg künstlich böse/wütend wirken. Darüber hinaus ist die Spielzeit von über 1h deutlich zu lang. Da muss ich selbst bei einer nahezu perfekten Platte wie der „Gloire Éternelle“ von First Fragment schlucken. 40-45min sind mMn optimal, alles was drüber liegt muss schon sehr gut sein.
Viel zu viel Gefrickel in den Gesangspassagen. Um Songs geht es hier definitiv nicht, wohl aber um künstlerisches Display. Geht mir voll auf den Sack, die Chose.