Carach Angren - Franckensteina Strataemontanus

Review

Ähnlich wie der blutsaugende Vampirfürst Dracula, gilt auch Mary Shelleys Frankenstein – oder besser gesagt das von dem wissenshungrigen Arzt geschaffene Monster – als legendäre Figur der Schauerliteratur. Die weltbekannte Geschichte des modernen Prometheus, der unüberlegt in seinem Wahn eine unansehnliche, wenngleich grundsätzlich friedfertige Kreatur erschafft, inspirierte die Populärkultur nachhaltig. Da passt es bestens, dass sich die niederländischen Horrorfreunde CARACH ANGREN auf ihrem sechsten Studioalbum „Franckensteina Strataemontanus“ diesem recht makabren Stoff hingeben, schließlich strotzt die literarische Vorlage nur so vor Schauder, Schreck und Schmerz.

CARACH ANGREN – Schaurig-schöne Inszenierung

Dass CARACH ANGREN nicht nur optisch einen Hang zur Theatralik besitzen, beweist bereits das atmosphärische, spannungsgeladene Intro „Here in German Woodland“. Die Niederländer, die auch diesmal die gewohnt souveräne Balance aus schwarzmetallischer Härte und opulenten Orchestral-Parts halten, erzählen auf „Franckensteina Strataemontanus“ nicht nur thematisch eine zusammenhängende Geschichte, sondern setzen diese auch inszenatorisch bestmöglich um. So entfesselt „Scourged Ghoul Undead“ eine meisterhaft-mörderische Urgewalt, die sich bestens als fulminanter Auftakt eignet, gleichzeitig aber auch kompositorisch mit dem weitaus düstereren, von schweren Industrial-Klängen durchsetzten Titeltrack harmoniert.

Mit „The Necromancer“ und „Sewn for Solitude“ liefern CARACH ANGREN schließlich zwei bitterböse Kracher, die einerseits nahtlos an das bisherige Schaffen der Band anknüpfen, andererseits beispielhaft untermauern, wie vielseitig und geradezu verspielt derart gut durchdachter, schaurig-schöner Symphonic Black Metal doch klingen kann – und das alles tatsächlich, ohne dabei mühselige Klischees zu bedienen! Besonders auffällig: Auf „Franckensteina Strataemontanus“ dominieren oftmals wild-wahnwitzige Ohrwurmmelodien, die Nummern wie dem scheppernden „Operation Compass“ oder dem hitverdächtigen „Monster“ einen angenehm authentischen Gruselfaktor bescheren.

Dadurch baut sich von Beginn an eine gespenstische, vor Ästhetik nur so strotzende Atmosphäre auf, die mit dem meisterhaft-eingängigen „Der Vampir von Nürnberg“ ihre absolute Vollendung findet. „Skull with a Forked Tongue“ erweist sich dahingegen als schnelle, dramatische Nummer, mit welcher CARACH ANGREN selbstbewusst zum großen Finale stürmen: „Like a Conscious Parasite I Roam“, ein gut achtminütiges Feuerwerk, punktet schließlich mit allem, was die morbiden Metal-Meister zu bieten haben. Von den packend-melodischen Anfangstakten über den hochexplosiven Mittelteil bis hin zu der beeindruckend präzisen Instrumentierung sitzt hier wirklich alles genau dort, wo es hingehört.

Haben einen eher ungewöhnlichen Hobbykeller: CARACH ANGREN

„Franckensteina Strataemontanus“ – Zwischen Genie und Wahnsinn

Im Gegensatz zu dem titelgebenden Protagonisten aus Mary Shelleys Roman leiden CARACH ANGREN definitiv nicht an einem wahnhaften Realitätsverlust, der dazu führt, dass ihr Schaffen außer Kontrolle gerät. Im Gegenteil: Die Niederländer legen mit „Franckensteina Strataemontanus“ kein missglücktes Experiment vor, sondern vertrauen einmal mehr auf ihre Fertigkeiten als Vollblutmusiker. Als dementsprechend überzeugend erweist sich auch das Endergebnis. Seregor, Ardek und Namtar, der inwischen die Band verlassen hat, zeigen sich einmal mehr von ihrer besten Seite und liefern ein Album, das zwar nicht unbedingt als Meilenstein in die Musikgeschichte eingehen muss, dennoch fraglos zu den besseren Alben gehört, die das Genre in den letzten Jahren zu bieten hatte.

23.06.2020
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