Capud Draconis - Musica Divina

Review

Nachdem der namenlose Protagonist auf CAPUD DRACONIS‘ Debütalbum „Musica Nova“ auf sein abgeschlossenes Leben zurückblickt, schicken die Markt-Musikanten ihn nun in die Hölle. Dante Alighieris „Göttliche Komödie“ ist zwar nicht unbedingt die ausgefallenste Inspirationsquelle, passt aber hervorragend in das Trilogie-Konzept vom Werden und Vergehen des Menschen hinein, dessen zweiten Teil „Musica Divina“ darstellt. So begegnen wir dem verstorbenen Spielmann da wieder, wo wir ihn am Ende von „Musica Nova“ zurückgelassen haben und wandeln mit ihm in Luzifers Reich, begegnen den Sieben Todsünden und erreichen durch das reinigende Fegefeuer schließlich die Unsterblichkeit des Paradieses.

Musikalisch hat das Quartett einen Schritt nach vorne gemacht. Zwar oute ich mich wohl als Banause, wenn ich zugebe, dass die selbstgebauten „Bastard Pipes“ (in den Worten der Band „eine Mischung aus Great Highland Bagpipe und der Mittelalterlichen Marktsackpfeife“) für mich einfach nur wie so ziemlich alle Dudelsäcke klingen, die Musik, die die Band darauf indes spielt, weicht deutlich von Mittelalter-Markt-Standards ab. Der Mut zur Eigenständigkeit macht den besonderen Reiz von CAPUD DRACONIS aus und zeigt, dass moderne Mittelalter-Musik auch jenseits der tradierten Standard-Schablonen möglich ist.

Noch immer bestimmen ambientige und herrlich Rollenspiel-kompatible Dudelsack-Hymnen das Geschehen, jedoch haben die Musiker dem eigenen Repertoire einige neue Instrumente hinzugefügt und greifen verstärkt auf epische Songwriting-Momente zurück. Auch wenn diesmal überhaupt kein Gesang auf dem Album vertreten ist, vermisst man ihn nicht so sehr wie beim Vorgänger, was wiederum für den Abwechslungsreichtum spricht, mit dem die Musiker die einzelnen Stationen ihres Höllenritts untermalen. Das Booklet hält dazu begleitende Texte aus der „Göttlichen Komödie“ bereit, wer jedoch genauer wissen will, auf welche Weise CAPUD DRACONIS das jeweilige Thema der einzelnen Songs musikalisch herausgearbeitet haben, der sollte sich unbedingt die informativen Liner-Notes auf der Band-Homepage durchlesen.

Während Dudelsack-Verächter dieses Album wohl als massives Ärgernis empfinden dürften, finden alle Freunde der gepflegten Sackpfeife hier etwas, was es eigentlich heutzutage gar nicht mehr geben dürfte: Ein modernes und stilvolles Mittelalter-Folk-Album, das den Zuhörer immer wieder aufs Neue zu überraschen vermag und einige wirklich großartige Momente aufzuweisen hat. Da sieht man auch über vereinzelte Déjà-Vu-Erlebnisse hinweg, in denen das bodenständige Festmahl zu schnöder Hausmannskost verkommt.

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03.06.2011

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