Blicke über den Tellerrand lohnen sich immer wieder, und wenn man vom ewigen Ausschau halten nach Norden schon einen steifen Hals bekommen hat, sollte man den Kopf mal nach Osten drehen. Dort erblicken wir die Ukraine, deren Bands hierzulande meist völlig unbeschriebene Blätter sind. So auch CAPITOLLIUM, die bereits seit 2000 existieren und schon auf zwei Alben zurückblicken können. „Engraved Fear“ ist ihr drittes und bisher stärkstes Werk symphonischen Black Metals.
Bei diesem Genre hat man ja oft das Schreckgespenst quietsch-bunter, zuckersüßer Keyboardteppiche vor Augen, die einem mit der Penetranz eines Staubsaugervertreters auf den Leib rücken wollen. Bei CAPITOLLIUM gibt das nicht, sondern etwas, was ich bisher von keiner derartigen Band in diesem Maße kenne: Die Ukrainer setzen nämlich ausschließlich auf eine Orgel – aber kein Bontempi-Heimorgel-Massaker! – die den Kompositionen schon allein durch ihren erhabenen Klang einen sakralen Touch gibt. Sie nennen es „Liturgy Black Metal“. Bis auf eine ab und zu punktiert eingesetzte Kirchenglocke gibt es keine weiteren Synths, nur die Orgel, die in fast allen Songs die Melodien und Akkorde trägt.
Dazu kommen die sehr starken Lead Gitarren, die den Songs einen klassischen Power Metal Anstrich geben, sowohl in den Power Riffs als auch in den Melodien und Soli. Im Prinzip handelt es sich hier eher um Symphonic Blackened Metal. Doch das heißt nicht, dass die durchgängig im mittleren Tempobereich angesiedelten Songs keine düstere Stimmung erzeugen können – ganz im Gegenteil, sie sprühen nur so vor dunkler Atmosphäre. Gerade die starke Arbeit an den Gitarren in Verbindung mit den Orgelklängen macht sie zu theatralischen Inszenierungen. Die Songs könnten theoretisch auch nur durch die Gitarren dominiert werden, aber die Orgeln machen ganz klar den eigenständigen Stil von CAPITOLLIUM aus.
Höhepunkt des Albums ist das schon fast opernhafte „Monarch Of The Red“, in der es ein wirklich schönes Duett zwischen den gekrächzten Gesangslinien von st.Julius und Orchidea gibt, deren charismatische Stimme deutliche Ähnlichkeiten zu Jennifer Rush besitzt. Nicht weniger begeisternd sind „Field Of Disrespect“, in der auch mit elektronischen Beats experimentiert wird, sowie „Subdued Pride“, in der die Symbiose aus klassischem Power Metal, Black Metal und symphonischen Elementen zur Perfektion reift. Es sind diese Songs, die zeigen, dass sich CAPITOLLIUM nicht hinter der internationalen Konkurrenz verstecken brauchen, und genug Eigenständigkeit besitzen, um Akzente zu setzen. „Engraved Fear“ ist ein wirklich überzeugendes Album geworden, welches der Band hoffentlich die ihr zustehende Aufmerksamkeit verschaffen wird.
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