Doom ist tatsächlich das Gebot der Stunde. Je exotischer und obskurer, desto besser. Auf der Suche nach den unbekanntesten genialen Doom-Bands sind wir mittlerweile in Chiles Hauptstadt Santiago de Chile angekommen. Das bietet sich an: ein brodelnder, schmutziger Moloch, in dem sich uralter Katholizismus, unverständlicher Ureinwohnerglaube und oberflächlich-westlicher Lebensstil die Klinke in die Hand geben. Eigentlich die perfekte Brutstätte für allerhand Untergründiges – und dazu zählen nicht nur Chiles Doom-Newcomer von 2009, PROCESSION, sondern auch deren Nebenprojekt CAPILLA ARDIENTE.
Passend zu dem düsteren Namen, der alleine schon genug Friedshofsluft auströmt scheint, um auf der Stelle Würgereiz hervorzurufen („Capilla Ardiente“ ist der Teil der Kirche oder ein zu einer Kapelle umfunktionierter Ort, in dem Beerdigungsriten stattfinden), ist „Solve Et Coagula“ auch noch ein Mini-Album mit alchemistisch-spritiuellem Konzept. Mehr Obskurität geht kaum. Das setzt sich in den beiden überlangen Tracks „Solve“ (unterteilt in Teil 1 und 2) und „Coagula“ (unterteilt in Teil 3 und 4) mit sperrigem, aber unspektakulärem Doom Metal fort. CAPILLA ARDIENTE machen keine Zugeständnisse in Richtung Massenkompatibilität oder zeitgemäßer Sound. Ihre 24 Minuten Musik klingen, als hätte man sie zufällig im Lüftungsschacht der Zeitmaschine gefunden, mit der man auch so einige andere derzeit erfolgreiche Doom- und Thrashbands ins Jahr 2010 geholt hat. Die Rhythmusgitarren donnern schwerfällig, die Soli gehen dagegen flink von der Hand, das Drumming ist einfach und charmant. Das Schmuckstück der Band ist definitiv Felipe Plazas Gesang, der ätherisch und nicht immer ganz sauber durch die überlangen Tracks schwebt und über so manche Länge im Songwriting trägt. Das ist auch bei den – übrigens vergleichbaren – alten CANDLEMASS-Album ähnlich gewesen. Mehr als an diese erinnern mich die guten Momente von „Solve Et Coagula“ aber an SOLSTICE. Mit den Thrash- und Heavy-Einflüssen, die die Band selbst sieht, ist es allerdings außer eben beim Gesang und den Soli nicht weit her.
Wer von anständig gemachtem Doom ohne nennenswerte Höhepunkte nicht genug kriegen kann, hat „Solve Et Coagula“ vermutlich schon auf Vinyl. Falls nicht, würde ich nicht zwingend zum Kauf dieses bestensfalls leicht überdurchschnittlichen Mini-Albums raten. Selbst der Exotenbonus macht aus CAPILLA ARDIENTE keine Band, die man zwingend kennen muss.
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