Cannibal Corpse - Dead Human Collection: 25 Years Of Death Metal

Review

Normalerweise gratulieren die Freunde dem Jubilar, so ist es jedenfalls in unserer Kultur üblich. Auf Seiten der New-Yorker Death-Metaller CANNIBAL CORPSE scheint sich dieses Bild einmal umzukehren, denn siehe da, zum 25-jährigen Geburtstag gibt’s mit der “Dead Human Collection“ ein richtig mächtiges 13-CD-Package aus allen bisherigen Alben ins feine Sammlertäschchen. Doch diese Vorfreude muss ich den Fans leider direkt trüben, denn ob der grandiosen deutschen Indizierungskultur hat es dieses umfangreiche Paket nicht über den großen See geschafft. Schließlich gerieten unter anderem die ersten drei Alben unter die allsehenden Zensuraugen unserer inländischen Behörden. Wer sich das Monsterteil letztlich nicht im Ausland bestellen möchte, für den gibt es in Deutschland ein gleichnamiges Ausweichpaket, das zumindest auch ein dickes Best-Of offenbart.

Auf drei CDs befindet sich ein breiter Querschnitt durch die bisherige Schaffensgeschichte der Schlächter, der wirklich jedes Album mit fünf Stücken berücksichtigt. Dazu gibt es mit dem aus zwei Shows zusammengestückelten Live-Album “Torturing And Eviscerating Live“ sowohl als CD als auch als Picture-LP noch ein doppeltes Schmankerl in toller optischer Aufmachung dazu. Das matte Schwarz auf Schwarz macht einen unheimlich edlen Eindruck, auch wenn die rückseitig abgedruckte Tracklist bei entsprechenden Lichtverhältnissen nicht immer besonders lesbar daherkommt. Auch das achtseitige Booklet mit blutig gezeichneten Abartigkeiten in Vinyl-Größe macht der aufwendigen Aufmachung alle Ehre.

Musikalisch behandelt der erste Rundling die ersten vier Alben und damit die komplette Ära unter Sänger und Textschreiber Chris Barnes (SIX FEET UNDER). Wie es der Zufall so will, erscheint dies auch als bestens gewählte Abgrenzung, denn auch instrumental stellen diese Werke eine abgeschlossene Einheit dar. In den Jahren zwischen 1990 bis 1994 war seitens der Truppe aus Buffalo noch wenig von der technischen Komplexität, ja teilweise gar Verschachtelung, neuerer Releases zu spüren. Das kettensägenartige Riffing von “A Skull Full Of Maggots“ oder der charakteristisch hämmernde Bomber “Hammer Smashed Face“ präsentieren die Kannibalen mit einer punkigen Ader und offenbaren dennoch gar eine innere Entwicklung. Schließlich sind CANNIBAL CORPSE selbst bis zu “The Bleeding“ merklich anspruchsvoller und musikalisch aufgefüllter geworden, während mein absoluter Liebling “Eaten Back To Life“ noch die pure Essenz darstellte.

Die mittlere Einheit startet nachfolgend mit den beiden etwas schwächelnden Platten “Vile“ und dem für mich Tiefpunkt der Bandgeschichte “Gallery Of Suicide“. Beide Alben wirken als so etwas wie die Eingewöhnungsphase mit dem Corpsegrinder hinter dem Mikro, denn trotz nach wie vor charakteristischen musikalischen Anlagen und einem guten Vokill-Ersatz pfeffert hier wenig durch, ganz besonders bei der Scheiblette aus dem Jahr 1998. Danach schließt sich mit “Bloodthirst“ wieder ein merklicher Adrenalinschub an, woraufhin mit “Gore Obsessed“ für mich eine der vollkommensten CORPSE-Platten nachschmettert. CD Nummer Zwei liefert also ein qualitativ sehr differenziertes Bild, bevor das letzte Puzzleteil der Historie vermehrt auf die moderne, technische Schlagseite der Band eingeht.

Während “The Wretched Spawn“ von der Ausrichtung noch eher auf die zweite Platte passen würde, markiert “Kill“ die Einleitung zu mehr Technik, vollerem Sound, komplexerem Songwriting und einem regelrechten Maximaldruck im Gesamtbild. Das 2006er-Werk kommt vermutlich auch mit dem vernichtensten Gesamtklangbild daher, dass CANNIBAL CORPSE jemals kreieren konnten. Danach kommen noch Einblicke in die frischeste Sparte der Truppe und vervollkommnen den Weg einer Kapelle, die über 25 Jahre hinweg durchaus eine hörbare Entwicklung durchgemacht hat. Wer schlussendlich immer noch nicht genug Blut gegurgelt hat, darf sich gleich doppelt über die Live-Zusammenstellung „Torturing And Eviscerating Live“ (auf CD und Vinyl) mit Aufnahmen aus dem Jahr 2012 freuen – denn diese liegt auch noch bei.

Wer sich diese in toller Aufmachung einmal richtig zu Gemüte führen will, der sollte sich eine dieser auf 3000 Exemplare limitierte Collections genehmigen.

17.04.2013
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