Candlemass - Tales Of Creation

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 28 Bildern: Candlemass - Hammer Of Doom Festival 2022

Überraschend schnell standen CANDLEMASS mit ihrem vierten Album „Tales Of Creation“ wieder auf der Matte: „Ancient Dreams“ war ja erst Mitte November 1988 veröffentlicht worden, und schon zehn Monate später wurde der Nachfolger ausgeliefert. Die Ideen sind Songwriter und Bandleader Leif Edling also offensichtlich nicht ausgegangen, auch wenn man einwenden mag, dass es für das Album ein Songrecycling gab.

Doom Metal kommt (manchmal) schnell

Der Hintergrund: „Tales Of Creation“ ist ein Konzeptalbum über einen Mann, der unter einer Eiche einschläft und von der Reise des Lebens träumt. Da passten Tracks wie das Remake von „Under The Oak“ vom Debütalbum „Epicus Doomicus Metallicus“ einfach in die Geschichte. Andere Songs wie „Dark Reflections“, „Into The Unfathomed Tower“, „Somewhere In Nowhere“ und „A Tale Of Creation“ stammten hingegen noch aus frühesten Demozeiten (die zum Zeitpunkt der Aufnahme übrigens gerade einmal fünf Jahre zurücklagen). Und angesichts der Virtuosität und Leichtigkeit, mit der Gitarrist Lars Johansson beispielsweise die Leads und Soli in „Into The Unfathomed Tower“ spielte, brauchte es vielleicht einfach nur den richtigen Zeitpunkt, um diese Songs endlich für ein richtiges Album aufzunehmen.

Die Songs standen also ziemlich schnell fest, und da die Band im Nachgang über den Sound von „Ancient Dreams“ ätzte, ging es wieder zu Mats Lindfors ins Stockholm Recording Studio. Und der töpferte einen Sound, der deutlich lebhafter war als auf dem pappig klingenden „Nightfall“-Album und fetter als auf dem zudem mit deutlich hörbaren Pegelschwankungen versehenen „Ancient Dreams“. Welch eine Power die Songs entwickeln können, sollte man indes erst richtig auf dem im Jahr darauf folgenden Doppelalbum „Live“ hören (wenn man die Band nicht eh schon live erlebt hatte).

„Tales Of Creation“ klingt gut

Da die Tracks eine Geschichte erzählen, beginnt „Tales Of Creation“ mit einem Intro im Storyteller-Format, das geschickt überleitet in den schleifenden Uptempo-Song „Dark Reflections“: Das Stück überzeugt durch sein einfaches Riff, das durch die Gesangsmelodie aus der voluminösen Goldkehle von Sangesbruder Messiah Marcolin geschickt ergänzt wird. Bridge und Refrain sitzen, und welch ein brillanter Gitarrist Lars Johansson ist, zeigt er bei seinen zahlreichen Soloeinlagen, die schließlich in ein nur angedeutetes Arpeggio münden.

Nach dem Zwischenspiel „Voices In The Wind“ geht es weiter mit dem recycleten „Under The Oak“, das auch in der Version mit Messiah Marcolin überzeugt. Ein starker Doppelpack zu Beginn, nach dem das etwas langsam kriechende „Tears“ etwas behäbig wirkt und nicht die ganz großen Hooks bereit hält. Dafür zeigt das in sieben Kapitel unterteilte Instrumental „Into The Unfathomed Tower“ die Band in Hochform – vor allem darf Lars Johansson einmal mehr glänzen und auf dem Griffbrett alle Register ziehen.

Goldkehle und Flitzefinger

Seite zwei (wir sind halt immer noch mitten im LP-Zeitalter) beginnt mit dem langsam vorwärts walzenden „The Edge Of Heaven“, das im Aufbau ein paar Parallelen zur Depri-Hymne „Solitude“ aufweist, ansonsten aber nicht ganz deren Intensität erreicht. „Somewhere In Nowhere“ schreitet mit schweren Schritten, aber doch ganz sachte voran, hinterlässt jedoch nicht ganz den großen Eindruck – zudem wird der Song mitten im Gitarrensolo ausgeblendet, was ihm einen eher unfertigen Charakter verleiht.

Dafür ist „Through The Infinitive Halls Of Death“ mit seinem eingäng-düsteren Refrain wieder ein CANDLEMASS-Klassiker im besten Sinne – und kurioserweise ist es wieder ein Uptempo-Song. Doom Metal muss halt nicht immer langsam sein. Darauf folgt das die Geschichte forterzählende Interludium „Dawn“, bevor „A Tale Of Creation“ das Album abrundet – vielleicht sind Strophe und Refrain etwas statisch aufgebaut beziehungsweise arrangiert, aber durch Gesangsmelodie und Spannungsbögen gehört dieser Song doch zu den guten.

Und insgesamt lässt sich doch konstatieren, dass „Tales Of Creation“ mit vier Klassikersongs bestens ausgestattet ist. Auf der anderen Seite stehen mit „Tears“ und „Somewhere In Nowhere“ zwei nicht ganz so starke Songs, wobei sie aber auch weit davon entfernt sind zu stören oder schlecht zu sein. Somit fügt sich das Album in die Reihe der Klassiker der ersten Bandphase ein, „Epicus Doomicus Metallicus“, „Nightfall“ und „Ancient Dreams“, wobei „Live“ den Endpunkt markiert.

In einer Reihe von CANDLEMASS-Klassikern

Danach ging Messiah Marcolin im Unfrieden und an seine Stelle trat mit dem blonden Spargeltarzan Tomas Vikström ein Sänger, der hinsichtlich seiner Stimme als auch optisch der komplette Gegenentwurf seines Vorgängers war. Was das von ihm eingesungene „Chapter VI“ kann, lest Ihr in einer der nächsten Folgen hier im Blast From The Past.

Zum Abschluss noch ein Hinweis zur Wertung: Die eben genannten Alben wurden im Rahmen dieser Reihe von unterschiedlichen Autoren bewertet – und jeder legt die Messlatte anders an beziehungsweise hat einen anderen Liebling. Daher stehen die Wertungen dieser Alben zunächst einmal für sich und nicht in Relation zueinander. Der Autor dieser Zeilen sieht beispielsweise das Debüt als makellos an, feiert auf „Nightfall“ die Songs, aber nicht den Sound, sieht „Ancient Dreams“ noch am weitesten von der Höchstwertung entfernt und in „Tales Of Creation“ eine gelungene Symbiose aus Klassikersongs und Sound. Wie ist Eure Meinung?

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29.11.2023

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4 Kommentare zu Candlemass - Tales Of Creation

  1. Nether sagt:

    Na, wenn du schon so fragst:
    Von den 4 Alben steht die „Tales“ für mich tatsächlich an letzter Stelle.
    Hinter der „EDM“ (10/10), „Nightfall“ (9/10) und der „Ancient Dreams“ (9/10).
    Auch wenn der Titelsong mit seinem Riff ewig 95% anderer Doomsongs überstrahlen wird, ist es grade der Sound, der mir seit dem ersten Hören damals nicht schmecken will.
    Zu hell, zu positiv, zu viel „sommerliche Blümchenwiese“.
    Ich hab nach erstmaligem Hören damals die Platte enttäuscht in den Schrank verbannt.
    Das änderte sich erst Jahre später als ich ihr eine dritte Chance gab.
    Dennoch, mehr als 8 Pkt sind für mich nicht drin.

  2. Hansi sagt:

    Mein Problem mit Candlemass ist und bleibt der Gesang von Messiah Marcolin. Musikalisch sind die Alben natürlich richtig gut, aber der Gesang langweilt mich.

  3. itsutterrubbish sagt:

    Mmh, mein Einstieg in das Candlemass Universum. 1989 war das…?!
    Gott, hab ich diese Platte geliebt. Für mich war Doom damals völlig neu und dieser Sound, dieses Sakrale, diese Atmosphäre, diese Stimme hat mich sofort gebannt.
    Auch heute kann ich Tales nach wie vor hören und sie hat nichts von der Magie (für mich) verloren. Von da an war ich glühender Candlemass Fan, konnte sie nur leider nie in Messiah Besetzung live sehen, da sie sich auf der Tour mit Paradise Lost aufgelöst hatten und dann diese mehr als tragische Berg- und Talbahnfahrt der Candlemass-Karriere begann.
    Aber egal, Tales, Nightfall, Ancient Dreams, EDM und auch die damalige Comeback Platte bleiben. Für immer.

    9/10
  4. ShadowAngel85 sagt:

    Definitv eher eine 9, fast schon eine 10. Man mag Messiah und seinen Gesang nicht mögen, mir taugt er und die Musik ist über jeden Zweifel Erhaben und definitiv besser als Ancient Dreams.

    9/10