CANDLEMASS sind ganz schön aktiv für eine Band, die eigentlich vor zehn Jahren mit „Psalms For The Dead“ ihr letztes Album veröffentlichen wollte. 2019 folgte nach zwei EPs das „Comeback“-Werk mit Ur-Sänger Johan Langquist, 2020 schoben sie mit „The Pendulum“ noch eine EP hinterher und nun steht mit „Sweet Evil Sun“ erneut ein Langspieler ins Haus. Beschweren wollen wir uns da nicht, genauer anschauen wollen wir uns das Werk hingegen schon.
CANDLEMASS sind doch noch nicht am Ende
Beflügelt durch ihren alten neuen Sänger, mit dem sie vergangenes Jahr mit „Green Valley“ auch ein Livestream-Konzert veröffentlichten, finden sich auf „Sweet Evil Sun“ neun schön old-schoolige Doom-Songs plus Outro. CANDLEMASS haben es dabei nicht nötig, sich neu zu erfinden, schon bei den ersten Takten von „Wizard Of The Vortex“ fühlt es sich an, wie nach Hause zu kommen.
Die Gitarrenriffs und -läufe von Mastermind und Gründungsmitglied Leif Edling sind bei all seinen Projekten unverwechselbar und der Gesang von Langquist kommt vielleicht nicht an die Theatralik eines Robert Lowe oder Mats Levén ran, ist aber schön kernig und erdig. Insgesamt finden sich alle Trademarks, die Fans kennen und lieben gelernt haben, auch auf dem dreizehnten Album der Schweden wieder.
Doch es ist nicht nur business as usual auf „Sweet Evil Sun“. „Angel Battle“ sorgt dann schon fast für Aufregung auf dem Doom-Album, kommt es doch überraschend flott aus den Boxen und spendiert den Hörern und Hörerinnen einen ziemlichen Ohrwurmrefrain. Auf „When Death Sighs“ singt Langquist mit Jennie-Ann Smith von AVATARIUM ein Duett, „Scandinavian Gods“ könnte glatt eine Hymne von der Band über sie selber sein.
„Sweet Evil Sun“ ist (hoffentlich) kein Abschiedswerk
Im bald erscheinenden Interview mit Johan Langquist erklärt er, dass CANDLEMASS natürlich mit Leif Edling steht und fällt. Sein Gesundheitszustand war damals fast das Ende der Band, derzeit geht es ihm aber gut. Von daher genießen wir „Sweet Evil Sun“ für den heutigen Tag und sehen, was die Zukunft bringt. Ihr Pulver verschossen haben CANDLEMASS jedenfalls noch nicht.
„Die Gitarrenriffs und -läufe von Mastermind und Gründungsmitglied Leif Edling sind bei all seinen Projekten unverwechselbar…“
Bassisten wie Leif Edling spielen in der Regel eher selten Gitarrenriffs, wollte ich nur mal anmerken.
Man könnte es ja so auslegen, dass natürlich Leif Edling 90% der Musik von Candlemass – und einem Großteil seiner sonstigen Projekte – schreibt und deswegen auch für die Gitarrenläufe zuständig ist. Aber ja, du hast natürlich recht. Edling spielt bei Candlemass Bass und nicht Gitarre.
Abgesehen davon spiegelt das Review hier ein wenig die Entwicklung wieder, die sich in meinen Augen bei Candlemass bereits seit dem Abgang von Rob Lowe zeigte… es wird immer ein wenig schemenhafter, vorhersehbarer und ein wenig mehr „Dienst nach Vorschrift“. Das war auch mein Gedanke nach dem Vorab-Song. Auf der anderen Seite wurde das aktuelle Album in anderen Veröffentlichungen auch abgefeiert…. Ich lasse mich am Freitag gerne überraschen, werde aber erst mal per Streaming rein hören und nicht mehr wie sonst bei Candlemass üblich blind kaufen.
Auf das Album bin ich sehr gespannt. Die Singles finde ich nicht schlecht, aber irgendwie auch etwas zu kurz und nicht ganz so, ach wie soll ich sagen, „magisch“? Naja, ich warte ab und freue mich wie immer bei Candlemass.
Das Album ist ein Brecher. Die langen Trax sind schön komplex komponiert, die Single-Auskopplungen untypisch, da es sich um die radiotauglichsten Songs handelt, welche zwar kürzer ausfallen, aber auch gut tönen. Die schweren Songs rücken permanent schwere Holzmöbel aus der Zeit der Renaissance oder der Frühen Neuzeit hin- und her. Sie kombinieren sämtliche Phasen, auch die Anfangstage. Seit Johan dabei ist, sind sie wieder richtig geil. Die etwas leiernde MM-Periode fand ich eh nie so genial wie all die Dauerheuler mit ihrem „Aber er (also alle Sänger seit MM) klingt nicht wie MM“. Ein Klassealbum, eins der Besten von denen. Sitting Bull hat gesprochen, was Custer nun sagt, spielt da keine Rolle mehr.
Ich fand das Album nach dem starken Comeback doch eher etwas schwächer.
Klar, eigentlich bekommt man genau das, was man von Candlemass erwartet und mir gefällt es nach wie vor gut, dass Langquist weiter mit dabei ist, aber die Songs wollen nicht wirklich hängen bleiben, wirken teilweise sehr unspektakulär und etwas einfallslos. In der durchaus hochwertigen Diskographie würde ich „Sweet Evil Sun“ deshalb eher weiter hinten anordnen!