Cammie Beverly - House Of Grief

Review

Wer Cammie Gilbert Cammie Beverly ist, sollte den meisten mittlerweile bewusst geworden sein. Die Sirene an der Front der eklektischen Doom-/Prog-Band OCEANS OF SLUMBER dürfte sich mit Alben wie „Winter“, „The Banished Heart“, dem Selbstbetitelten und zuletzt „Where Gods Fear To Speak“ in die Herzen der Metal-Gemeinde geträllert haben. Dazwischen gab es natürlich auch noch „Starlight And Ash“, das jedoch stilistisch eher eine Art Außenseiterrolle in der Diskografie der Hauptband der Texanerin einnimmt, weicht es schließlich von der Eklektik der übrigen Diskografie ab und bedient mehr eine Gothic-/Folk-Nische, für die Beverlys Stimme aber auch wie gemacht scheint.

Hat Cammie Beverly die Brotkrumen von „Starlight And Ash“ aufgesammelt?

Die logische Schlussfolgerung, nach dem die Band mit „Where Gods Fear To Speak“ im großen Stil wieder gen ureigenen Sound zurückgekehrt und diesen mehr als erfolgreich weiter erforscht hat, ist, dass die Brotkrumen, die „Starlight And Ash“ gestreut hat, über kurz oder lang in Form eines Solo-Albums der Dame wieder aufgegriffen würden. So oder so ähnlich könnte man sich die Entstehung dieses vorliegenden Soloalbums „House Of Grief“ herleiten, wobei sich die Presseinfo relativ bedeckt darüber hält, ob das tatsächlich der Fall gewesen ist oder ob „House Of Grief“ schon länger in den Startlöchern gestanden hat. Das liest man nämlich durchaus im Netz, wobei – wie erwähnt – relativ wenig von Seiten der Presseinfo darüber erwähnt wird. Daher cum grano salis und so …

Was aber definitiv besprechbar sein dürfte, ist die Musik hinter „House Of Grief“, die wie angedeutet eher in Richtung dem geht, was OCEANS OF SLUMBER mit „Starlight And Ash“ begonnen haben, aber noch einmal reduzierter und mehr auf die Stimme von Cammie Beverly fokussiert. Wer von der souligen Stimme der Dame nicht genug bekommen kann und das ganze anspruchsvolle, songschreiberische Drumrum, das OCEANS OF SLUMBER-Songs üblicherweise komplex und vielschichtig gestaltet, eher als störend empfindet, ist also hier definitiv an der richtigen Stelle angekommen und bekommt ein von der Instrumentierung her sehr skelettartig gehaltenes Art-Pop-Album serviert.

„House Of Grief“ dürfte Fans ihrer Stimme zufriedenstellen – aber reicht es zu mehr?

Mit einem gesanglichen Charisma für mindestens zehn Mann ausgestattet sollte man ja meinen, dass Beverly in der Lage ist, diese Songs ob ihrer Einfachheit komplett auszufüllen, deren instrumentaler Kern oftmals nur aus simplen, repetitiven Schlagzeugbeats, akustischen oder minimal angezerrten Gitarren und Keyboards besteht. Und ja, man hängt ihr auch direkt an den Lippen in dem Moment, in dem sie im Opener „Paraffin“ erstmals ihre Stimme erhebt. Wer interessante Harmoniespielchen oder songschreiberische Wendungen zum Aufhorchen sucht, wird jedoch maximal an die fünf Minuten Freude am Dargebotenen haben, den hier geht es wirklich nur um Beverlys Stimme und die Lyrik, die sie darbietet.

Und zumindest dem Verfasser fällt es schwer, die Konzentration auf die Texte zu wahren, weil meine Gedanken aufgrund des monotonen, ereignislosen Songwritings zwangsläufig abdriften. Zwar jault sich Cammie Beverly mit all ihrer stimmlichen Macht durch die Songs und das ist wie immer beeindruckend anzuhören und bereitet mitunter den ein oder anderen Nackenschauer (der Titeltrack). Aber das ist im Grunde alles, was hinter „House Of Grief“ steckt. Bands wie BENT KNEE können die Aufmerksamkeit auf die Texte mit ähnlich gelagerten Tracks irgendwie besser halten durch geschickteres Songwriting, das sich auch in den zerbrechlichsten Momenten mal musikalische Eruptionen zutraut und generell dynamischer und interessanter ausfällt. Die Texte sind dazu aufgeräumter und nutzen lyrische Stilmittel wie Parallelismen und Symbole effizient, anstatt die eindringlichen Nummern mit Worthülsen zu überladen (vgl. „Lawnmower“).

Dynamik und ein gesundes Maß an textlichem Self-Editing fehlen auf „House Of Grief“ definitiv, sodass das Album Fanatiker von Beverlys Stimme zwar zufriedenstellen mag, darüber hinaus aber ein bisschen zu wünschen übrig lässt.

19.02.2025

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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