Caliban - The Undying Darkness

Review

Wie geht man eine Plattenkritik an, wenn einem mittlerweile aufgefallen ist, dass man die Vorgängerplatte in der anfänglichen Euphorie Minimum zwei Punkte zu hoch eingeschätzt hat? Gar nicht so einfach. Anyway, „The Opposite From Within“ hat eingeschlagen wie eine Bombe und CALIBAN an die absolute Spitze der ohnehin boomenden Metalcore-Szene katapultiert. Daran hätte auch eine niedrigere Wertung meinerseits nichts geändert.
Genauso sicher wird der Erfolg der neuen Scheibe „The Undying Darkness“ sein, denn die deutschen Szenewegbereiter haben ihren Sound einmal mehr verfeinert. Doch inwieweit dieses Ausfeilen der Details positiv zu werten ist, fällt zu beurteilen schwer. Auf der Hand lag bei der letzten Scheibe die Integration KILLSWITCH ENGAGE-artiger Melodien und Harmonien in den ureigenen Brachialsound. Ob man CALIBAN nun eine natürliche Entwicklung attestiert oder ihnen schamloses Abkupfern vorwirft, bleibt dem Idealismus eines jeden selbst überlassen.
Dumm nur, dass sich exakt das gleiche Problem auch auf „The Undying Darkness“ stellt. Neben den schon bekannten Earcatcher-Qualitäten KILLSWITCH ENGAGEs, die bei Erscheinen des Vorgängers mächtig angesagt waren, gesellen sich jetzt einmal mehr Einflüsse einer momentan extrem boomenden Band: AS I LAY DYING. Zufall oder kühle Berechnung? Ein schwer zu fällendes Urteil in einem undurchsichtigen Indizienprozess. Fest steht jedenfalls, dass es ein Szeneleader wie CALIBAN eigentlich nicht nötig hätte, sich dermaßen anzubiedern, denn die Jungs haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit genug songwriterischer Klasse gesegnet sind, um „alleine“ bestehen zu können.
„The Undying Darkness“ ist ein absolut überdurchschnittliches Metalcore-Album, keine Frage. Nur bleibt zu jeder Sekunde der Makel des F-Schemas, des Reißbretts, des Berechenbaren, des Durchgestyleten. Tracks wie „I Rape Myself“ oder „Together Alone“ entfachen (auch dank eines massiven Sounds, für den als Produzent Anders Friden und als Mixmasterer Andy Sneap verantwortlich sind) eine unglaubliche Wucht, die immer wieder von klaren und stark verbesserten Gesangslinien von Gitarrist Denis (hoffentlich klappt’s auch bald live!) aufgelockert wird. Handwerklich perfekt, aber eben zu keiner Sekunde überraschend oder mit einem Aha-Effekt gesegnet, sondern präzise vorhersagbar wie der nächste Deutsche Fußballmeister.
Positiv anrechnen muss man den Jungs allerdings die äußerst brachiale Abrissbirne „Moment Of Clarity“, für die kein Geringerer als KREATOR-Mille als Gastsänger gewonnen werden konnte. Mit exakt solchen Aktionen trägt man zu einem Zusammenwachsen der beiden sich immer noch kritisch beäugenden Lager bei. Respekt!
Fazit: Der Erfolg dieser Platte ist vorprogrammiert, ohne Wenn und Aber. Allerdings könnten CALIBAN bald dafür sorgen, dass sogar im Metalcore Diskussionen über „true/untrue“ entstehen. Oder glaubt Ihr etwa, dass Mädels mit „I love CALIBAN“-Plakaten (schon auf Konzerten gesichtet worden) oder die ständig währende Diskussion über konstruierte Anbiederung an Amerika förderlich für die Credibillity dieser Band sind, ganz egal welche Verdienste sie für die deutsche MC-Szene geleistet hat? Lassen wir uns überraschen!

20.02.2006
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