Cailleach Calling - Dreams Of Fragmentation

Review

Bei den im Frühjahr 2021 gegründeten CAILLEACH CALLING handelt es sich im Grunde um das Nebenprojekt der beiden DAWN OF OUROBOROS Musiker*innen Tony Thomas (Gitarre/Bass) und Chelsea Murphy (Gesang). Komplettiert wird das Trio von dem ehemaligen WHITE WARD Schlagzeuger Yurii Kononov. Widmen sie sich bei DAWN OF OUROBOROS vornehmlich der harmonischen Mischung aus progressiven Death Metal mit postigen Black-Metal-Elementen, leben sie mit ihrem neuen Projekt ihre Vorliebe zum atmosphärischen Black Metal aus. Statt durch Wälder und über Wiesen zu frohlocken, geht es CAILLEACH CALLING thematisch um die Bedrängnisse des Großstadtlebens. Beheimatet in der Metropolregion San Francisco haben sich Murphy und Thomas von nächtlichen Wanderungen durch das neonlichtgetränkte Oakland inspirieren lassen.

Cailleach Calling – Dissonanzen einer Großstadt

Jeder, der schon einmal in einer größeren Stadt gelebt oder zu Besuch gewesen ist, kennt die folgenden Szenen: Momente einer Stadt, die auch nach Einbruch der Dunkelheit nicht zur Ruhe zu kommen scheint. Von Straßen, die auch nachts taghell erscheinen. Durch die Nacht eilende Fahrzeuge, die ihre Lichtkegel durch die Häuserschluchten werfen. Von Menschen, die (vor allem an den Wochenenden) lautstark um die Häuser ziehen. Überall leuchten Reklameanzeigen die letzten toten Winkel einer Stadt aus.

Genau diese Momente werfen CAILLEACH CALLING auf ihrem Debütalbum „Dreams of Fragmentation“ vor dem inneren Auge auf. Schon der Opener „Phosphenic Array“ schafft es mit Kaltstart eine Beklemmnis hervorzurufen, wie man sie spürt, wenn man einsam und allein durch die tiefe nächtliche Stadt streift. Es ist diese Beklemmnis, dass von irgendwoher Gefahr lauern könnte, die die Spannung erzeugt. Ganz im Sinne der fast schon klaustrophobischen DARKSPACE. Doch auch Vergleiche mit DEAFHEAVEN und den deutschen ULTHA sind nicht weit hergeholt.

40 Minuten der Angst

Und genau hier überzeugen CAILLEACH CALLING auf voller Ebene. Bei dem Erzeugen von inneren Angsträumen. Fast schon möchte man nicht vor die Tür treten und sich lieber mit Kopfhörer über den Ohren unter die sichere, warme Decke legen. Es kommt nur allzu selten vor, dass es eine noch so neue Band schafft, schon auf ihrem ersten Album so viel Qualität und Feintuning zu beherrschen und das selbst gewählte musikalische Thema so gut wiederzugeben. Nach zwei fast gnadenlosen Songs ist erst einmal Verschnaufpause.

Das 15 minütige „Cascading Waves“ nimmt sich mehr als die Hälfte der Lauflänge Zeit, um sich in verträumtem Post-Rock zu ergehen, bevor doch noch, fast wie aus einem Traum aufwachend, der Black-Metal-Wahnsinn beginnt. Kann man so machen. Hier hätte man aber auch einfach ein kurzes Interlude setzen können, um zum Beispiel die zweite Seite der LP einzuläuten. Mit „Mercurial Inversion“ sorgen CAILLEACH CALLING dann doch noch für den mehr als würdigen Abschluss eines faszinierenden Albums. Wer jetzt nicht genug von Murphy und Co. kriegen kann oder etwas mehr Abwechslung braucht, sollte sich auf jeden Fall DAWN OF OUROBOROS.

10.03.2022
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