Die Diskussionen um die Brugger BURNING WITCHES und deren raketenhaften Aufstieg drehen sich gerne mal zunächst um das Offensichtlichste – das Geschlecht. Der Schweizer Fünfachser bringt die volle Ladung Östrogen ins von Testosteron geprägte Genre hinein, deren Erfolg angesichts der reizenden Features der Damen gerne mal heruntergespielt wird. Ich möchte da auch gar nicht so weit in dieses genderpolitische Minenfeld hineinwandern, denn darum soll es hier natürlich nicht gehen. Es soll um Musik gehen.
Frauenpower im Macho-Metal
Wenn wir uns davon also einfach mal lösen und das Album ungeachtet des Offensichtlichen betrachten, so bieten die Schweizerinnen auch bei ihrem dritten stählernen Tänzchen in voller Länge, „Dance With The Devil“, eine ziemlich originalgetreue Interpretation der truesten Klischees und Tropen, die der Metal so zu bieten hat. Sprich: Stahlschmiede statt schöngeistiges Geschwurbel, so wie in den guten alten Zeiten. Nur gibt es statt aufgedunsener, vor Schweiß glänzender Männermuckis eben die geballte Frauenpower, die ihren maskulinen Gegenstücken in Sachen Schmackes in in nichts nachsteht. Die Hexen brennen für den Metal – und variieren dabei zwischen Geschwindigkeit, Melodie und Härte.
Das interessanteste Detail von „Dance With The Devil“ ist natürlich, dass sich bereits einige Zeit im Vorfeld ein nicht unwesentlicher Besetzungswechsel ereignet hat: Die neue Stimme am Mikrofon, Laura Guldemond, liefert einen Einstand nach Maß: Mit voller Inbrunst und Energie, aber auch einem gesunden Maß an Cheese nimmt sie die Bühne praktisch für sich ein und zerkaut vor lauter Kampfeswut gerne mal die Kulisse. Ihre Darbietung ist auch das, was die Platte im Rennen hält, vor allem in den Hooks. Denn fernab dessen gibt es an „Dance With The Devil“ kaum etwas, was durch ein vergleichbares Maß an ungezähmter Wildheit hervorsticht.
Die BURNING WITCHES mit neuer Front-Hexe
Man bekommt oft den Eindruck, dass sich die BURNING WITCHES eine hervorragende Hook zurechtgejamt haben, ehe sie einen zweckdienlichen Song drum herum gebaut haben. Das funktioniert bei der Ballade „Black Magic“ insgesamt noch am besten. „Wings Of Steel“ dagegen ist ein Beispiel, bei dem der Track gute Ideen eingewoben bekommen hat, aber längst nicht so furios klingt, wie er gerne wollte. Doch Guldemond zieht den Karren mindestens mit einer hyminschen Hook zum Niederknien aus dem Dreck. Doch selbst sie kann einen lahmen Filler-Track wie „Sisters Of Fate“ nicht retten, bei dem sie (versehentlich?) eine Gesangslinie von OASIS‘ „Wonderwall“ recyclet. Auch der Titeltrack fügt sich trotz wildem Tapping-Intro in diese Reihe ein.
Und das ist „Dance With The Devil“ im Wesentlichen: Jede Menge Filler-Tracks aus der True-Metal-Klischeekiste, jedoch mit meist hochkarätigen Hooks versehen, die den Durchschnitt drum herum fast vergessen machen. Der H.E.A.T-Effekt setzt hier nicht ein, da die BURNING WITCHES hier (noch) nicht diese selbstbewusste, elegante Eigendynamik entwickeln. Ein Highlight sparen sich die Schweizerinnen für den Abschluss der Platte aber doch auf: das mit freundlicher Unterstützung von Ross The Boss und Michael Lepond eingezimmerte MANOWAR-Cover „Battle Hymn“, das die Platte noch einmal mit einem epischen Knall zum Ende kommen lässt. Als Cover geht der Song natürlich nicht auf die Original-Kappe der Hexen, ist aber dennoch ein gelungenes Finale.
„Dance With The Devil“ hätte gern noch etwas wilder und kreativer sein können
Das sind sie also, die BURNING WITCHES. Definitiv mehr als nur ein MANOWAR-Klon mit Genderswap-Twist, aber sie könnten musikalisch noch viel mehr aus sich herausholen, wenn sie ihre Songs noch entfesselter präsentieren und sie songschreiberisch etwas mehr ausfeilen würden. Die Grundzutaten sind da und die vorangegangenen Werke – speziell „Hexenhammer“ – sind ja schon jubilierend (unter anderem von meinem Vorredner) in Empfang genommen worden [auch wenn Unsereins weitaus weniger enthusiastisch war, siehe Soundcheck, Anm. d. Red.]. Die Ressourcen dürften damit also da sein. Jetzt heißt es für die BURNING WITCHES, damit kreativ zu werden – nach drei Alben mittlerweile kann an das ja mal erwarten.
Bis dahin kann man aber durchaus ohne weiteres mit „Dance With The Devil“ vorlieb nehmen. Das Album geht für sich genommen vollkommen in Ordnung und ist solide eingetrümmert und produziert, auch wenn im letzten Refrain von „Lucid Nightmare“ ein seltsames, blechernes Kratzen einfach so tollpatschig rein stolpert. Das sollte wohl mal eine Glocke sein, die ist aber ziemlich mies in den Sound integriert. Ansonsten leistet sich die Produktion jedoch keine weiteren, groben Schnitzer, lässt lediglich eigenes Flair missen. Aber wie gesagt: Es passt gut genug, um „Dance With The Devil“ wuchtig in den Gehörgang poltern zu lassen. Von daher: Erwartungen erfüllt. Aber längst (noch) nicht übertroffen.
Da ist also noch genügend Luft nach oben…
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