Auch wenn das Neun-Euro-Ticket nicht für den „Bullet Train“ gilt, lohnt sich eine Fahrt allemal. Die Actionkomödie hat die Bedeutung von Popcorn-Kino nicht nur nachgeschlagen, sondern verinnerlicht. Doch der Reihe nach. Suchen wir unseren Sitzplatz und genießen die aufregende Fahrt.
Abgefahren: Pure Unterhaltung im „Bullet Train“
Ladybug (Brad Pitt) ist ein Auftragskiller, den das Pech eigenen Angaben nach permanent verfolgt. Also möchte er nur noch die einfachen Jobs erledigen – das „Rein und schnell wieder raus“-Prinzip. Er wirkt geläutert, spricht immer wieder von seinem Therapeuten und lässt eine alltagspsychologische Weisheit nach der anderen fallen wie die Leichen in seiner beruflichen Karriere.
Für seine neue Mission soll Ladybug einen Aktenkoffer besorgen – an Bord eines japanischen Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszugs. Natürlich läuft auch diesmal nichts nach Plan und die Mission entgleist zu einem rasanten Chaos, in das auch andere tödliche Mitstreiter:innen involviert sind.
Die Regie übernahm David Leitch, der zuletzt „Fast & Furious: Hobbs & Shaw“ und davor „Deadpool 2“ drehte sowie an der Inszenierung von „John Wick“ beteiligt war. Interessant: Leitch fungierte in vielen Filmen als Stuntman, darunter auch für Brad Pitt in „Fight Club“.
„Bullet Train“ liegt ein Roman von Kōtarō Isaka zugrunde, aus dem und Zak Olkewicz („Fear Street Teil 2: 1978“) das Drehbuch verfasste. Als Produzent:innen fungieren Kelly McCormick, David Leitch und Antoine Fuqua, der den Film ursprünglich inszenieren sollte.
Coole Charaktere und Spitznamen
„Marienkäfer“ Pitt gilt als Hauptdarsteller von „Bullet Train“, doch der Film lebt vom Ensemble. Während der Fahrt von Tokio nach Kyōto treffen verschiedene Auftragskiller:innen und andere schräge Figuren aufeinander – coole Cameos inklusive, die hier nicht verraten werden sollen.
Hervorzuheben ist in jedem Fall das Duo Tangerine (Aaron Taylor-Johnson) und Lemon (Brian Tyree Henry) – vor allem Lemon sorgt mit seinen ständigen „Thomas, die kleine Lokomotive“-Referenzen für gute Momente. Darstellerin Joey King spielt eine junge Frau, die Prince heißt, weil ihr Vater angeblich lieber einen Sohn gehabt hätte. Sie übernimmt den weiblichen Hauptpart und sorgt für den größten Twist.
Weitere auffällige Figuren sind unter anderem Michael Shannon als Oberbösewicht White Death, Zazie Beetz als Hornet und Bad Bunny als Wolf.
Alles da für Genre-Fans
Mehr als zwei Stunden, die überwiegend in einem Zug spielen – „Bullet Train“ beweist, dass das kein Problem ist. Zumal Leinwand- oder Bildschirm-Züge spätestens mit der Serie „Snowpiercer“ wieder in Mode sind. Außerdem lockern Rückblenden die szenische Monotonie clever auf und thematisch unterschiedliche Abteile sorgen für zusätzliche Abwechslung innerhalb des Schnellzugs.
Logisch, dass das Erzähltempo im Schnellzug hoch ist. Einzelne Verschnaufpausen liefern aber angenehme Gegenparts, um das Ganze wieder auszubalancieren. Auch die Hauptzutaten in Filmen wie „Bullet Train“ stehen auf jeder Bordbistrokarte: sehr spezielle Charaktere, schräge Dialoge, fieser Humor, eine Überdosis Gewalt, stylishe Inszenierungen und eine ordentliche Portion Coolness. Das alles teilt sich problemlos ein Gleis mit Filmen von Guy Ritchie und vergleichbaren Regisseur:innen. Auch Fans von Quentin Tarantino kommen hier voll auf ihre Kosten – als klarste Referenz drängt sich „Kill Bill“ auf.
Die Mischung ist einfach gelungen: „Bullet Train“ ist phasenweise brutal und drastisch, nimmt sich aber nie zu ernst. So funktioniert das Ergebnis als stilvoller Actionfilm und als Komödie, weil sogar die Oneliner gut sitzen, statt ins Lächerliche abzurutschen – in Zeiten von Streaming-Massenproduktionen durchaus ein großes Plus. Für alle Action-Freund:innen gibt es neben harten Nahkämpfen auch pompöse Big-Budget-Szenen – allen voran das spektakuläre Finale mit einem in Slow Motion durch den entgleisenden Zug fliegenden Pitt.
Welches Ziel hat der „Bullet Train“?
Besonders viel Tiefgang? Moral? Falscher Bahnhof! „Bullet Train“ bedient ein spezielles Subgenre des Gangsterfilms und setzt voll auf Unterhaltung. Rache, Verwechslungen, Überraschungen, Familiengeschichten – alles dabei. Vielleicht nicht die beste Kinofahrt der letzten Jahre, aber definitiv ein großartiges cineastisches Erlebnis für alle, die sich gern zurücklehnen und breit grinsen.
Kommentare
Sag Deine Meinung!