Blicken wir kurz zurück: Im Jahr 2000, auf dem Höhepunkt des amerikanischen Brutal Death Metal, bei dem es einzig und allein darum geht, noch brachialer zu klingen als jede andere Band, erscheinen BRODEQUIN mit ihrem Debütalbum „Instruments Of Torture“ auf der Bildfläche der Szene. Die Platte ist schnell, erdrückend und brutal.
Der Sound steht klar im Gegensatz zu den glasklaren Produktionen der damaligen Zeit und kann auch als Gegenbewegung dazu gesehen werden. Ein Umstand, der diese Veröffentlichung auch in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte. Die Produktion war grenzwertig, einfach dünn und undifferenziert, die Drums schnell, brutal und vor allem der eindringliche Piccolo-Snare-Sound hat der Band ihren charakteristischen Klang verliehen.
BRODEQUIN – Strappado in Knoxville
Nach „Methods Of Execution“ – dem dritten Release – wurde es still um BRODEQUIN. Abgesehen von ein paar schrägen Drum Computer-Performances gab es bis vor kurzem nicht viel zu hören. Erst 2021 erscheint neues Demomaterial mit Neuzugang Brennan Shackelford am Schlagzeug.
Mit „Harbinger Of Woe“ setzen BRODEQUIN 20 Jahre später zwar ihre gewohnte Brutalität fort, zeigen aber erwartungsgemäß eine Weiterentwicklung, vor allem, was den Sound betrifft. So gibt es für Bandverhältnisse fast schon differenziert wahrnehmbare Gitarren, verhältnismäßig ruhige Parts („Of Pillars And Trees“) und erstmals so etwas wie ‚Leads‘ („Vredens Dag“).
Im Verlauf der Scheibe merkt man, dass die Band sichtlich bemüht ist, ihren ursprünglichen Sound mit neuen Elementen zu verbinden. Die insgesamt zehn Tracks bringen es immerhin auf fast 32 Minuten Spielzeit, was für diese Art von Brutal Death Metal durchaus amtlich ist. Dass BRODEQUIN nach zwanzig Jahren Pause nicht mehr ganz so klingen wie in den Anfangstagen, darf als klarer Fortschritt gewertet werden. „Harbinger Of Woe“ selbst ist trotz aller Variabilität brutal und atmet tiefe Gitarrensounds und eine fast allgegenwärtige Doublebass, die das Grundgerüst der Tracks über die gesamte Spielzeit sehr ansprechend abrundet.
Harbinger Of Woe – die Folter endet nach 32 Minuten
Auch inhaltlich ist sich Cheftexter Jamie Bailey treu geblieben. Während es bei vielen amerikanischen Kollegen stets um unappetitliche Gore-Eskapaden geht, haben sich BRODEQUIN auch in dieser Hinsicht ihre eigene Nische geschaffen. Von Anfang an gibt es subtile, meist historisch belegte Anekdoten über unangenehme Foltermethoden, die nicht jedes schaurige Detail preisgeben.
BRODEQUIN schaffen es auch auf „Harbinger Of Woe“, trotz aller Brachialgewalt die Spannung hochzuhalten. Die Band hat auf diesem Album ihre Momente, die musikalisch abfallen, aber eine angenehm schaurige Atmosphäre erzeugen, um dann wieder in den nächsten knochentrockenen Prügelpart überzugehen. Für alle, die die Rückkehr herbeigesehnt haben, definitiv eine Pflichtveranstaltung und für Hörer*Innen mit Affinität zu amerikanischer Urgewalt mit fiesem Foltereinschlag mindestens ein Reinhören wert.
Würde die Jahrtausendwende jetzt nicht unbedingt als Höhepunkt des USBDM ansehen, sondern eher grob als den Anfang. Die Hochphase kam imho erst 3-4 Jahre später. Richtig ist aber, dass Brodequin zusammen mit den beiden Disgorges (US/Mex), Devourment und Gorgasm zu dieser Zeit so ziemlich das musikalisch extremste war, was man finden konnte. Hab auch schon Stimmen gehört, die die Produktion bemängeln und sich den selben Sumpf wie vor 20 Jahren wünschen. Ich für meinen Teil bin von den aktuellen Songs hellauf begeistert und kann die Kritik nicht nachvollziehen, denn um Extreme ausloten geht’s doch gar nicht mehr, weil die Grenze des Hörbaren ist in der Hinsicht schon längst erreicht. Und Brutalität um der Brutalität willen hat dann Mitte der 00er Jahren dazu geführt, dass die Kids nach der ersten Unterrichtsstunde am Instrument direkt ne BDM-Kombo samt Plattenvertrag und Album am Start hatten. Brutal ja, musikalisch nein. Gilt für Brodequin jetzt nicht, weil unter dem ganzen Produktionsmatsch war durchaus auch immer Finesse erkennbar, die den aktuellen Songs jetzt nicht komplett unähnlich ist, man hörts nur einfach sofort. Von demher… Ich freu mich aufs Album! Wird phätt!
Herrliches Geballer, ist vorgemerkt!
Mucke, wie ich sie in meiner Jugend geliebt hab. Phasenweise erinnert mich die Wucht einiger Passagen und Riffs an Kronos „The Hellenic Terror“ ohne dass da jetzt wirklich eine Analogie zu ziehen ist, denn Brodequin sind weiterhin 100% Brodequin, nur in einem zeitgemäßen Gewand, ohne dabei zu clean und modern zu klingen, es bleibt klanglich immer noch genug Rawness. Hin und wieder vermiss ich zwar Chad Wallis‘ Baumstumpf, den er auf den ersten beiden Alben als Snare verwendet hat, aber eher aus nostalgischen denn aus musikalischen Gründen. Schaffens Bands wie Internal Bleeding, Condemned mit ihren letzten Alben, oder Guttural Secrete mit der letzten Single 2019 nicht mehr, den Vibe vergangener Tage heraufzubeschwören, gelingt Brodequin das hier beinahe spielend leicht. Für mich und den hässlichen 16-Jährigen ganz groß.
Bockstarkes Geknüppel. Lange nicht so einen Dampfhammer gehört, was für ein Comeback!