Bring Me The Horizon - That's The Spirit

Review

Was werden sie wieder zetern und jammern. Gift und Galle spucken. Was für ein Dreck das sei, werden sie rufen. Was das noch mit Metal zu tun habe, werden sie entsetzt fragen. Dann werden sie nach rechts und links schauen und hoffen, dass ihnen die Typen mit den coolsten Kutten in der Clique recht geben. Und natürlich werden sie das.

Die meisten Diskussionen um BRING ME THE HORIZON haben schon lange nichts mehr mit Qualität und persönlichem Geschmack zu tun. Vielmehr sind die Briten mittlerweile zum Feindbild einer Szene geworden, die wie eine betagte Henne auf ihren Eiern hockt und jeden, der sich ihrer runzligen Brut nähert, hysterisch vollgackert. Warum? Neid, Angst und Ignoranz. Neid, weil Oli Sykes und Kollegen heute in den größeren Hallen spielen, mehr Platten verkaufen und schlichtweg erfolgreicher sind als viele vermeintliche Bewahrer des Heavy Metal. Angst, weil viele Metalheads fürchten, BRING ME THE HORIZON könnten bald relevanter als ihre alten Helden werden. Wobei sie natürlich ausblenden, dass eben das bereits geschehen ist und sich die Jugend von heute schlichtweg nicht mehr für IRON MAIDEN interessiert. Ignoranz, weil die meisten Kritiker der Band in jungen Jahren selbst dem Zeitgeist erlagen. Weil sie von Ozzy, Bruce und den anderen damals genauso um den Finger gewickelt wurden, wie die Heerscharen von Teenagern, die heute Sykes verfallen. Und weil sich ein ehemaliger Junkie und volltätowierter Jungspund bestens als Zielscheibe eignet, um beispielsweise von zweifelhaften Protagonisten der Black-Metal-Szene und vom Suff zerfressen Ikonen der Thrash-Bewegung abzulenken. Selbstverständlich kaufen die „echten“ Metaller obendrein weiter fleißig die neuen Platten von METALLICA, SLAYER und MOTÖRHEAD und reden sich ein, es wären die nächsten Meisterwerke. Dabei sind die meisten „legendären“ Formationen heute nur noch ein Schatten ihrer selbst – oder veröffentlichen seit 20 Jahren immer wieder dieselben Alben. Weiterentwicklung? Hilfe! Bitte nicht!

Natürlich gibt es sie. Die Leute, die mit BRING ME THE HORIZON von Beginn an oder aber seit „Sempiternal“ einfach nichts anfangen können. Aber ganz ehrlich: Wann habt Ihr zuletzt jemanden getroffen, der gesagt hat: „Ach, ich habe mal reingehört, aber das ist irgendwie nichts für mich.“ Nein, da heißt es in der Regel: „Die sind voll schwul.“ Oder: „Lass mich in Frieden mit diesen Core-Spacken.“ Nun ja, that’s the spirit…

Natürlich sind einige (musikalisch objektive) Kritikpunkte berechtigt: So hat das fünfte Studioalbum der Briten durchaus seine lauen, belanglosen Momente. Beispielsweise im unspektakulären Stampfer „Blasphemy“, der mit einer Allerwelts-Akkordfolge daherkommt und gegen Ende lediglich mit einem prägnanten Gitarrensolo überrascht. Oder im Lückenfüller „What You Need“, welcher nicht nur etwas zu sehr mit plattem Radio-Rock kokettiert, sondern sich im Refrain auch exakt derselben Tonfolge bedient, wie sie im „Sempiternal“-Hit „Go To Hell, For Heaven’s Sake“ bereits verwendet wurde. Und zugegeben, eine gesichtslose Discobeat-Nummer wie „Oh No“ hätte sich auch wunderbar auf einem Album der dankenswerterweise nicht mehr aktiven POLARKREIS 18 gemacht. Fakt ist: Wären diese Songs allein der Maßstab für „That’s The Spirit“ – BRING ME THE HORIZON würden zweifelsfrei mit vier Punkten nach Hause spazieren.

Das ist letzten Endes allerdings nicht der Fall. Denn nahezu alle übrigen Tracks der Scheibe sind ausgewiesene Granaten. Von der – im Vorfeld von vielen kolportierten – „endgültigen Verweichlichung“ ist dabei übrigens nichts zu spüren. Denn „That’s The Spirit“ kommt in puncto Sound wieder wesentlich ruppiger daher als das doch recht glatt produzierte „Sempiternal“. Erwartungsgemäß sind die Strophen überwiegend atmosphärisch gehalten und von Samples durchtränkt, ein roter Teppich gewissermaßen, welchen Mr. Sykes mit schmachtender Anmut und viel Pathos beschreitet. Wenn dann jedoch wie im wuchtigen „Happy Song“ oder der neuen Band-Hymne „True Friends“ die Keule herausgeholt wird, dröhnt „That’s The Spirit“ amtlich und massig.

Weitere Highlights sind zweifelsohne das bereits vor einem Jahr veröffentlichte „Drown“, welches ursprünglich nicht in der Tracklist landen sollte, dann aber doch unter Beimengung einiger zusätzlicher Gitarrenspuren neu eingespielt wurde. Auch das atmosphärische „Avalanche“ überzeugt mit großartigem Refrain, während „Throne“ und das nachdenkliche „Run“ vielleicht keine überragenden Songs sind, aber mindestens obere Güteklasse besitzen.

Trotz diverser Minuten Leerlauf ist „That’s The Spirit“ somit nicht der ausgiebig beschriene „Schrott“ oder „Müll“, sondern in Gänze betrachtet eine gute, atmosphärische Rockplatte. Das sollten auch die zahlreichen Kritiker anerkennen. Mögen müssen sie BRING ME THE HORIZON deswegen freilich nicht. Sie sollten aber wenigstens über Musik sprechen – und nicht über Menschen.

Mist, hier tut was nicht.Whoops! Hier sollte eigentlich ein Video- oder Audio-embed erscheinen. ...
10.09.2015
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