Bring Me The Horizon - Sempiternal

Review

Für das obligatorische Theater im Vorfeld der Veröffentlichung ihres neuen Albums sorgten BRING ME THE HORIZON höchst selbst – dieses Mal in Form einer kleinen Twitter-Schlammschlacht mit dem jüngst gefeuerten Ex-Gitarristen Jona Weinhofen. Und irgendwie hat man sich mittlerweile auch daran gewöhnt, dass es für den Fünfer aus Sheffield scheinbar nicht auf die geräuschlose Art funktioniert. Man könnte nun endlos darüber spekulieren, ob all das Teil einer cleveren Verkaufsstrategie oder eher Resultat einer künstlich aufgebauschten Hetzkampagne gegen die Band ist. Fest steht jedenfalls, dass Oliver Sykes & Co es in der Vergangenheit und allen Nebenkriegsschauplätzen zum Trotz dann aber doch immer wieder geschafft haben, überzeugende Alben zu veröffentlichen. Und das sollte für die Beurteilung einer Band ja eigentlich erstes Kriterium sein.

Nun also „Sempiternal“ – und mit „Can You Feel My Heart“ ein Opener, der mir bereits beim ersten Durchlauf mehrere Schauer den Rücken herunter jagt. Vor allem die geschickt in die Strophen-Parts eingewobenen Synthie-Fragmente und das sehr eindringliche Organ von Frontmann Oli Sykes entwickeln sofort eine packende Atmosphäre, der man sich nur schwer entziehen kann. Zugegeben, dem Hauptriff des Songs wohnt jetzt nicht die ganz große Innovationskraft inne, dennoch markiert der Track einen wirklich starken Auftakt. Danach leistet sich die Platte allerdings einen kurzen Durchhänger: Das etwas uninspiriert klingende „The House Of Wolves“ soll jedoch – um es vorwegzunehmen – die einzige Enttäuschung auf „Sempiternal“ bleiben.

Insgesamt fällt im weiteren Verlauf auf: Sykes agiert im Vergleich zur Vergangenheit über weite Strecken wesentlich zurückhaltender, dem Clean-Gesang wurde in den Songs deutlich mehr Raum gegeben. Und das funktioniert nicht nur in angesprochenem Opener ganz hervorragend, sondern auch im mitreißenden „Sleepwalking“, bei dem sich Matt Nichols ein Sonderlob für sein songdienliches Drumming verdient, und im eher getragenen „And The Snakes Start To Sing“, dessen Refrain allerdings die Energie und Unmittelbarkeit des Songs nicht durchweg aufrechthalten kann. Besser gelingt das im Anschluss beim starken „Seen It All Before“.

Dass BRING ME THE HORIZON natürlich nach wie vor ein ordentliches Brett fahren können, beweist der Fünfer in Songs wie dem wütenden „Anti-Vist“, dem wuchtig-stampfenden „Empire“ oder dem phasenweise ziemlich brachialen „Shadow Moses“, dem wahrscheinlich stärksten Song der Platte. Das Synthie-lastige „Crooked Young“ und das mit Interview-Fragmenten von Sykes angereicherte „Hospital For Souls“ runden die Platte schließlich ab, wobei vor allem letztgenannter Track noch einmal eine sehr nachdrückliche Stimmung erzeugt.

„Sempiternal“ ist am Ende ein gutes, frisches BMTH-Album geworden, das vor allem eines verkörpert: eine Weiterentwicklung. Und das neue Konzept geht auf: vor allem Sykes zeigt sich variabler und dabei energetischer denn je, gleichzeitig erweist sich die neuerliche Elektro-Schlagseite der Songs als bereicherndes Element. Zu einem absoluten Hammer-Album fehlt „Sempiternal“ in meinen Augen lediglich etwas Gitarren-Finesse – da sind die Riffarbeit zu Weinhofen-Zeiten und das aktuelle Angebot der Konkurrenz (z.B. ARCHITECTS) einen Tick anspruchsvoller und fordernder. Und das ist dann auch der Unterschied, warum manche Songs für meinen Geschmack eben „nur“ sehr gut, und nicht herausragend sind.

Völlig unabhängig davon werden die Engländer ihrer Erfolgsgeschichte mit dieser Platte ein weiteres Kapitel hinzufügen. Und für all jene, die Band oder Album kritisieren werden, hat Sykes auf „Sempiternal“ noch eine Botschaft parat: „Go to hell for heaven’s sake!„. Der Mann hat sich ja noch nie sonderlich um andere Meinungen geschert.

22.03.2013
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