Mit dem minimalistisch betitelten dritten Demo „3“ tritt R. BOSSE erstmals an die Öffentlichkeit – in Form einer Kassette. Ob das nun bewusst gewähltes Medium oder Ausdruck gewollter Nostalgie ist, soll dahingestellt bleiben, scheint es doch ohnehin dem musikalischen Schaffen BOSSES im Konzept eher zuträglich zu sein als die CD, der in der allgemeinen Auffassung ein gewisser steriler Ausdruck anhaftet.
Melancholischem Ambient widmet sich der New Yorker in den vorliegenden 20 Minuten, mal mehr, mal weniger experimentell. Langgezogene, rückkopplungsbeladene Schleifen und ein erdrückend wabernder Synthesizer beginnen das erste der insgesamt drei unbetitelten Stücke. Mit irritierendem arhythmischem Klicken geht es zunächst einen experimentellen Weg, der alsbald wieder verlassen wird, um einer Akustikgitarre die tragenden Strukturen zuzuweisen. Der Tenor bleibt allerdings der gleiche: Es braucht seine Zeit, aber wenn man sich erst einmal in die Harmonien hineingefunden hat, offenbart „3“ eine Atmosphäre, die nicht von ungefähr die insgesamt vier verschiedenen skizzenhaften Erhängten im Beiheft rechtfertigt. Tränendrüsenakkorde und affektierte Depression wird man jedoch keine finden, es ist eher eine unterschwellige, gedankenverlorene Apathie, die Herrn BOSSEs Musik so interessant macht.
Natürlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und auch BOSSE wird bis zum „perfekt“ stimmigen Werk noch einiges zu erledigen haben. Das erste Stück, das mir eindeutig als das am besten gelungene erscheint, krankt zwar nur minimal an der Unstimmigkeit eines allzu sterilen, aperiodisch wiederkehrenden Geräusches, das sich einfach nicht ins Gesamtbild fügen will, dafür wird der Akustikgitarre in den anderen beiden Stücken zu viel Raum gelassen: Eine Rolle, die sie nicht vollkommen befriedigend ausfüllen kann, weil sie sich charakterlich dann doch ein wenig harmlos ausnimmt und ihr Spiel des Öfteren unsauber ertönt. Dennoch schafft es BOSSE, „3“ nicht vollkommen zum Nebenher-Ambient werden zu lassen; die unterschwellige Dramatik, mit der der Höhepunkt des letzten Stücks zelebriert wird, wirkt richtig gekonnt.
Für jeden an der Stilrichtung Interessierten ist „3“ sicher interessant, auch wenn BOSSE sich nicht so ganz in übliche Ambient-Schemata zwängen lassen will. Dem Demo ist ein gewisser primitiver Charme zueigen, der, wie oben angedeutet, dem Format Kassette natürlich besonders gut zu Gesicht steht, der daher auch trotz der Fehler vor allem in der Ausführung stets zur Geltung kommt. Vorläufig gibts für soliden Ambient und das äußerst vielversprechende erste Stück sechs Punkte.
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