Borknagar - The Olden Domain

Review

Oysten G. Brun, der kreative Kopf hinter Norwegens neuestem Black Metal-Stern Borknagar, sieht aus wie die Heroengestalten, die zwergwüchsige, angemalte und kreischende Gnome in hoffnungslosen Nachwuchs-Nordmann-Kapellen immer besingen. Und was wäre ein starker Mann ohne Träume? Bei denen nämlich scheiden sich die Wege Borknagars und die der greulich und derb metzelnder Brüder; nicht der eise Winterwind und das häßliche Geräusch berstender Knochen bestimmt die Landschaften hinter Oysteins Stirn, sondern das sanfte Gleißen der Mitternachtssonne über den stillen Wassern der Fjorde. Die Magie von Black Metal beruht immer auf einer Ästhetisierung der Macht; bei Borknagar aber ist das die Macht, die aus dem Einklang des Menschen mit der Natur wächst – das hat nicht so viel mit Muskelschmalz oder arkanen Ritualen zu tun. Die Musik, die aus diesen Traumbildern entsteht, stellt einen entscheidenden Schritt für den Black Metal als Genre dar und reiht sich hinter Alben wie Dimmu Borgirs Stormblast, Bathorys Hammerheart oder denen von Enslaved ein. Schon Borknagars selbstbetiteltes Debutalbum verband folkloristische Einflüsse, archaische Melodieführung und ambitionierte Songstrukturen, wenn auch im Gegensatz zu The Olden Domain in einem personifizierten Chaos, einer Wut und Kraft, wie sie für den Black Metal typisch war und was nicht zuletzt an der harschen Produktion lag. The Olden Domain geht in eine andere Richtung; Oystein legt hierbei viel Wert auf Atmosphäre, dezente Melodieführung und auf die Möglichkeit, seine eigenen musikalischen Ideen angemessen wiedergeben zu können. So kennzeichnet sich das Album durch den ständigen Wechsel zwischen Folk und Metal, richtigem Gesang und derben Black Metal Vocals, wobei sich hierbei die eine oder andere Schwäche offenbart. Klingt der cleane Gesang auf den ersten und letzten Stücken noch recht annehmbar bis gut, drehen sich einem bei Stücken wie „A Tale of Pagan Tongue“, „To Mount and Rove“ oder „Grimland Domain“ eher sämtliche Fußnaegel um.

20.10.1997
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