Bald 30 Jahre nach Bandgründung veröffentlichen BORKNAGAR ihr 12. Album „Fall“, den Nachfolger von „True North“ (2019).
BORKNAGAR erlebten eine Zäsur
Nach fast zwanzig Jahren hatte Vintersorg seinen Platz hinterm Mikrofon bei BORKNAGAR verlassen, was einer Zäsur gleichkam. Teilten sich zuvor Vintersorg mit Simen „ICS Vortex“ Hestnæs (auch Bass) und Keyboarder Lars Nedland den Gesang, wurden mit „True North“ nun den beiden verbliebenen Stimmen von ICS Vortex und Nedlund mehr Raum gegeben. Auch Jens F. Ryland, der langjährige Gitarrist, verließ BORKNAGAR und wurde durch Jostein Thomassen ersetzt. Ebenso war Schlagzeuger Bjørn Dugstad Rønnow erst frisch dabei. Dennoch gelang der Band um Bandleader Øystein G. Brun, an Sound und Stil von „Winter Thrice“ anzuknüpfen. Klar stand nun Vortex stärker im Fokus und die Songs enthielten noch detailreichere Arrangements. In gewisser Hinsicht ein gelungener Neuanfang.
Und „Fall“?
Mit konstanter Besetzung konsolidieren BORKNAGAR ihren Stil. „Fall“ ist „True North“ sehr nahe. Das fängt beim Sound an, hier haben Øystein und Jens Bogren mit seinem Mix und Mastering im Fascination Street Studios wieder ganze Arbeit geleistet. Transparent und kraftvoll, Gesang und Gitarren sehr präsent und im Fokus, Keyboards wunderbar integriert, Schlagzeug druckvoll aber nicht dominant. Da das dichte Stimmbild von Vortex und Nedland viel zur Melodie und Stimmung von BORKNAGAR beitragen, ist das genau richtig. So ergibt sich ein insgesamt detailreicher, voller und warmer Klang.
BORKNAGAR setzen auf „Fall“ ihre musikalische Entwicklung in kleinen Dosen weiter fort unter Verwendung ihrer gängigen Stilmittel. So wirkt das Album bei den ersten Durchläufen trotz packender Melodien nicht ganz so eingängig wie sein Vorgänger. Etwas komplexer, umfangreicher, härter. Der vielschichtige Gesang von ICS und Lars, häufig sind beide gleichzeitig eingesetzt, ist weiter zusammengerückt und ausgewogener. BORKNAGAR verknüpfen auf „Fall“ wieder einmal gekonnt wütende Raserei mit erhabenen Melodien, Dunkel mit Helligkeit. Gegensätze, wunderbar fließend und schlüssig miteinander kombiniert.
Ein Album voller Perlen
Den Anfang macht das kraftvolle, hymnische wie gewaltige „Summits“. Zunächst atmosphärisch mit Sci-Fi-Keyboards und Midtempo, übernimmt schnell der klirrende Black Metal mit rasanten Blastbeats und epischen Gitarrenschichten. Vortex und Nedland im Wechselgesang von harsch bis erhaben hymnisch klar, sorgt in der spannungsgeladenen Musik für einen starken Kontrast zwischen Aggression und Melodie. Dann wird das Tempo rausgenommen, das Keyboard erhält mehr Raum, dazu cleane Gitarren, der malerische Instrumental-Mittelteil ist ein atmosphärisches Highlight. Natürlich gibt es hier auch wieder raffiniertes Schlagzeugspiel und proggige Gitarren. BORKNAGAR verwandeln in dem epischen, dynamischen Song, der alle typischen Merkmale ihres Sounds enthält, intensive Energie in musikalische Anmut und Eleganz.
„Nordic Anthem“ wirkt dagegen zunächst archaisch. Eine folkloristische Einleitung mit schlichter Percussion, dann wieder große Melodien, getragen insbesondere von den im Mittelpunkt stehenden klaren Gesängen. Dazu von Gastmusiker John Ryan Violine und Cello. Das Stück ist für BORKNAGAR ungewöhnlich, schafft aber auch mit seiner Kombination aus minimalistisch wirkender Instrumentierung und reinem Gesang eine epische Atmosphäre.
Beim wuchtigen „Afar“ kommt einem immer wieder BATHORY in den Sinn. Hier wechselt der Gesang auch wieder zwischen harsch und klar. Ganz groß Bridge und Refrain, clean gesungen und einfach mitreißend, sowie die epischen Riffs. „Moon“ von ICS Vortex lebt von Black-Metal-Riffs und kontrastierendem Keyboard mit Hammondorgel-Sound, da mag manch einer an DEEP PURPLE denken, und tollen Mitsing-Melodien. Das teils elegisch gehaltene „Stars Ablaze“ zeigt wieder die vielschichtige Seite von BORKNAGAR. Hier treffen cleane Gitarren und Streicherarrangements auf schneidende Riffs mit treibenden Rhythmen und Screams, sowie auf mehrstimmigen Refrain und progressive Elemente. Weitere Songs auf „Fall“ sind der mitreißende Banger „Unraveling“, das kompakteste Stück des Albums mit eingängiger Hook, und das proggige „The Wild Lingers“ mit bombastischen Refrain mit Chören. Das abschließende, fast zehnminütige Finale „Northward“ glänzt noch einmal mit schönen, einnehmenden Melodielinien.
Reife und Tiefe
BORKNAGAR haben mit „Fall“ wieder ein starkes, stimmiges Album abgeliefert, das erneut die komplexen, dynamischen und charakteristischen Facetten ihrer Klangwelten in sich verein. Dabei bleibt „Fall“ eingängig und fesselt mit Atmosphäre. Die einnehmende, den Spannungsbogen haltende Vielschichtigkeit verbindet Tradition mit Innovation und spiegelt die Reife und Tiefe wider, die BORKNAGAR mit ihrem anhaltend gleich hohen kompositorischen Niveau längst erreicht haben. Stark!
Schön, da freue ich mich drauf. Seit Vintersorg nicht mehr dabei ist, kann ich mir die Band auch wieder anhören. True North mochte ich, auch wenn ich sie nicht so intensiv gehört habe, wie sie es vielleicht verdient.
Das Cover ist wirklich schön. Tolle Farben.
Klar klingt das nicht mehr frostig klirrend, wie das Debut oder auch The Olden Domain, aber das sollte auch niemand mehr erwarten, nach deren Werdegang. Trotzdem (oder gerade deswegen, je nach Standpunkt) gut!
Auch Black Metaller werden (manchmal) erwachsen, he he.. und verbessern ihre Skills, mit denen man nicht hinter dem Berg halten will und muss.
Große Vorfreude! Die zwei bislang hörbaren Stücke machen deftig Lust auf mehr „Fallen“! Das Vintersorg nicht mehr dabei ist, ist erstmal mächtig schade, finde ich. Bin gespannt inwieweit sich das für mich fürs ganze Album auswirkt. 🤷🏻♂️
Mal ehrlich, was soll hier schiefgehen? Die Zeit, wo man gefälligst nach 70er Prog zu klingen hatte, sind gottlob vorbei. Borknagar haben sich gefunden, und beschäftigen songwriterisch Musiker auf absolutem Höchstniveau. Der Gesang und auch die Gitarren sind ultimative Trademarks und Alleinstellungsmerkmale.
Ich freue mich riesig auf das Album wie auch auf das Live-Erlebnis im Sommer.
Borknagar begeistert mich seit Quintessence, und fasziniert mich seit damals (mit leichten Anzügen in der Prog-Zeit) als Gesamtpaket – das gipfelt für mich zB auch in kleinen Nebensächlichkeiten, wie nach wie vor top Notch Bandlogo.
„wie nach wie vor top Notch Bandlogo.“
Ja, um mal was positives zu sagen, Beifall dafür, dass ihr Logo immer noch keinem Arial Font gleicht. Ist ja heutzutage auch nicht mehr selbstverständlich.
Ich kann das nicht begründen, aber ich kaufe Borknagar ab, dass die ’ne künstlerische Vision haben, auch wenn mir nicht alles gleich gut gefällt. Auf dieses Album freue ich mich aber. Is‘ schon ’ne gute Band.
Album ist schon längst vorbestellt, denn ich weiß, bei Borknagar kann ich wenig falsch machen.
@ marcmorgenstern: Wenn ich richtig informiert bin, war Andreas Hedlund, aka „Vintersorg“ auch auf dem Vorgängeralbum „True North“ schon nicht mehr in der Band und hat demzufolge auch kein Gesang mehr zum besagten Album beigetragen!
Die bereits veröffentlichten Songs sind echt spitze. War auch schon vom Vorgänger mehr als begeistert, der läuft immernoch recht regelmäßig. Gehe davon aus,das es mit dem neuen Album ähnlich laufen könnte.
Nach Hauntologist und der neuen von Hulder das nächste frühe Jahreshighlight….würde ich jetzt einfach mal sagen 😉
Nach zwei Tagen mit dem Album bin ich auch sicher: Es ist groß. Weiß nur noch nicht, wo genau es sich um Verhältnis zum Dreigestirn Urs, Winter Thrice, True North einreiht.
Für mich war True North nicht das beste Album von Borknagar, weil es zwar einige extrem tolle Songs enthielt, aber auch ein paar Experimente, die mir nichts gegeben haben (Wild Father’s Heart) und gar nicht so wenig Mittelmaß, jedenfalls für Borknagar-Verhältnisse.
Und Fall scheint mir im Vergleich dazu einfach reifer. Und homogener, obwohl es auch sehr abwechslungsreich ist. Gesang und Gesangsarrangements finde ich so großartig wie noch nie (meine Frau fühlte sich bei Unraveling an Morten Harket erinnert…), und für mich ist das Album auch trotz Blastbeat-Passagen keine Rückkehr zu mehr Härte, sondern wirklich eine meisterhafte Verschmelzung vieler Stilmittel aus verschiedenen Genres.
Und wieder mal denke ich mir: Borknagar machen einfach wirklich progressive Musik. Und wenn mehr Prog Rock/Metal so schön wäre wie das, was Borknagar machen, würde ich auch mehr davon hören.
Abbitte muss ich noch leisten, weil ich an anderer Stelle Nordic Anthem ziemlich gedisst hatte. Die Lyrics finde ich immer noch extrem platt für Borknagar-Verhältnisse, aber musikalisch funktioniert das schon gut in seiner Schlichtheit.
Nachdem ich nun etwas mehr davon gehört habe.. an dem Album stört mich nichts, was „objektiv“ Punktabzug rechtfertigen würde, aber wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre (pun intended), wären mir etwas mehr flottere, „blackmetalligere“ Parts durchaus recht gewesen. Deshalb subjektiv 8, aber professionelle…
Wie eigentlich bei jedem neuen Borknagar Album sitze ich am Ende einer Hörsession auf meinem Sofa und ziehe mir mal wieder The Olden Domain rein. Einfach um mal wieder den Versuch zu unternehmen, zu verstehen, wieso mich The Olden Domain unendlich begeistert, wärend mich die neueren Borknagar Werke unendlich langweilen. Und wieder werde ich keine richtige Antwort finden. Liegt es daran, weil Fall natürlich professionell as hell produziert ist und keinerlei Störfaktoren mehr zu bieten hat. Oder weil unentwegt gefühlt unzählige Instrumente auf einmal zu hören sind. Weil die Lead Vocals nicht einmal mehr ansatzweise so geil und voller Inbrunst aus der Kehle kommen und eigentlich ständig zu hören sind, anstatt diese wohldosiert einzusätzen. Sind es die Melodien die zwar tlws. toll sind, meistens aber eher nach Borgnagar Standard klingen, als würde sie diese mit links raushauen. Insgesamt will Fall für mich viel zu viel, zwar durchaus gekonnt, ohne sich zu verzetteln, aber das Besondere geht mir völlig flöten. Insgesamt weiß ich es nicht, Fall ist objektiv gesehen geile Musik, langweilt und nervt mich tlws. aber immens. Vielleicht ist das aber auch nicht schlimm und ich mache mir zuviele Gedanken darüber.
@Watu: Darf ich fragen, was Dein erstes Borknagar-Album war? War das The Olden Domain? Meines war True North, und ich hab mich von da in die Vergangenheit durchgehört. Ich mag The Olden Domain auch, aber für mich fangen die Borknagar von heute mit Quintessence erst an.
Erstes und auch letzte Album das mir gefallen hat, war The Olden Domain. Ich mag es sogar lieber, als das Debüt, obwohl ich das auch klasse finde.
Ich könnte gar nicht sagen, wie sich Borknagar nach The old domain weiterentwickelt haben, habe zwar immer reingehört, aber halt nicht intensiv genug. Mit Quintessence würde ich dir zustimmen, aber auch The Archaic Course konnte mich damals schon nicht begeistern. Ich weiss jetzt rückblickend aber nicht, wie sich das Album genau anhört. Müsste ich mal wieder austesten.
Finde das spannend, wie unterschiedlich da die Perspektiven sind. Ja vermutlich normal bei so einer langen Bandgeschichte. Ich finde zum Beispiel The Olden Domain gut, The Archaic Course nett, aber extrem langweilig, die Alben von Quintessence bis Universal ziemlich wechselhaft (Epic sehr gut), von da an alles ziemlich geil. Das Debüt hab ich nur so ein halbes Mal gehört. Aber wenn’s um Black Metal geht, war ich auch immer ziemlich mainstreamig.
Habe mal in The Archaic Course reingehört und würde persönlich sagen, dass Borknagar bereits mit diesem Album den neuen Kurs eingeschlagen sind. Und mal ganz ehrlich, die klingen heute (25 Jahre später) doch immer noch sehr sehr ähnlich dazu. Eine Weiterentwicklung ist für mich kaum erkennbar. Produktionstechnisch finde ich The Archaic Course allerdings ziemlich genial, das hat sich in meinen Ohren mit der Zeit deutlich verschlechtert.
Leider klingen die „inbrünstigeren“ Clean Vocals von The Olden Domain schon auf The Archaic Course ganz anders und nehmen bereits hier eine – in der Quantität – sehr dominante Rolle ein. Sicher mit der Hauptgrund, wieso mir das nicht mehr zusagt. Aber wems gefällt, der wird wohl mit allen Borknagar Alben mehr oder weniger etwas anfangen können.
Grandioses Album, genau wie die beiden Vorgänger.
Habe Borknagar erst mit True North entdeckt und mochte das Album sehr, insbesondere Voices lief damals viel in Dauerschleife.
Über eine Ankündigung eines neuen Albums hab ich mich sehr gefreut und konnte es jetzt am Wochenende paar mal durchhören. Und muss sagen ich bin sehr enttäuscht.
Die ersten beiden Songs „Summits“ und „Nordic anthem“ fetzen. Und „afar“ zum Teil auch. Aber danach beginnt das ganze für sich wie ein beliebiger Brei anzuhören. Der einen, gedanklich weit abdriften lässt und die Songs zum Hintergrundrauschen verkommen lässt. Da blieb irgendwie gar nix hängen. Erst der Rausschmeißer „Northward“ hat wieder aufgeweckt und blieb im Ohr und Gedächtnis hängen.
Irgendwie sehr schade. Villt wächst es übers Jahr noch aber nach den ersten durchläufen bleib die Enttäuschung
Bin da bei Watu & Valiant.. die „true North“ war schon nicht meins und mit „Fall“ hat sich da auch nichts geändert. Die Qualität ist nicht von der Hand zu weisen, aber wie schon erwähnt, eher an mir vorbeigerauscht und kalt gelassen.
Vllt. bei Gelegenheit mal das Debüt und die „Domain“ abchecken.
Watu, ich denke, Archaic Course war ein wichtiger Schritt in die heutige Richtung, aber sehr unreif – sogar weniger Ecken und Kanten als heute, dafür nicht mal bessere Melodien als auf der Olden Domain, aber viel weniger Atmosphäre.
Für mich sind sie mit der Quintessence auf den Stil heute eingebogen, haben aber auch wieder mehr BM integriert damals. Und ja, ob es seitdem noch mal grundlegende Weiterentwicklung gegeben hat oder nur noch mehr Reife un gleichen Stil, darüber kann man sicher streiten. Ich finde schon, man erkennt eine ziemlich stetige Entwicklung.
Verstehe auch, dass man Fall nicht mag, wenn man die Opden Domain geil findet. Die beiden sind halt schon sehr unterschiedlich. Aber ich find beide gut.
Ich finde auch beide gut. Das ist für mich kein entweder oder. Bei der langen Bandgeschichte sollte einen das auch nicht wirklich wundern. Es ist ja nicht jeder Band wie AC/DC und Weiterentwicklung ist auch welche, wenn es einem nicht gefällt..
Hat nix mit der langen Bandgeschichte zu tun, das fing ja schon direkt nach The Olden Domain an, bzw. wie TerraP sagt, mit Quintessence dann in „Vollendung“ und hat sich seit dem eher marginal weiterentwickelt.
Man kann auch beides gut finden, wieso nicht, mir gelingt es halt nicht. Muss ja auch nicht. Persönlich finde ich es schade, dass die Band dem Stil von The Olden Domain nur ein einziges Album gewidmet hat. Da hätte ich mir sehr gerne etwas mehr gewünscht, aber offenbar sieht das die Band anders. Dann ist es halt so, auch andere Mütter haben hübsche Töchter, auch wenn The Olden Domain sehr speziell ist.
Fair enough, wie die Amis so schön sagen. Es ist halt einfach *tada* Geschmackssache, wo’s kein richtig oder falsch gibt und Ausweichmöglichkeiten gibt es ja zuhauf.
Bin mir nicht sicher. Mir mäandert es teilweise schon etwas arg vor sich hin, vor allem in der zweiten Albumhälfte.
„True North“ gefällt mir unterm Strich immer noch deutlich besser als „Fall“, auch wenn dieses Album ein ähnliches Problem mit der ‚Frontloaded‘-heit hat. Aber die Songs wirken auf mich generell flüssiger, und die Melodiebögen zwanghafter, eingängiger.
Eine frei konfigurierbare „Best of Borknagar“ wäre vermutlich genau das Richtige für mich. Haben ja schon immer wieder einige Kracher rausgehauen. Aber auf Albumlänge machen sich bei mir definitiv Ermüdungserscheinungen breit..
Ich habe mir extra Zeit gelassen bevor ich meine Meinung ungefragt kundtue!
Mir gefällt das Album sehr gut und läuft praktisch dauerschleife! Alle Songs bewegen sich auf einem hohen Niveau und sind „catchy“!
Hier gibt es für mich nur meckerei auf ganz hohem Level.
Starkes Album