„Hamartia“ heißt das Full-Length-Debüt der englischen Post-Hardcore-Fraktion BOOK OF JOB. Die zehn Songs mit einer Gesamtspielzeit von knapp 40 Minuten bieten eine sehr aggressive, temporeiche Mixtur aus modernen Post-Hardcore- und Metal-Elementen, als Referenzen können Bands wie ATLANTIS CHRONICLES, ASIDE FROM A DAY, HACRIDE oder frühe POISON THE WELL genannt werden. Dennoch legen die Mannen aus Leeds die nötige Eigenständigkeit an den Tag. Dafür ist vor allem der kehlige, heißere Gesang von Frontmann Kaya Tarsus verantwortlich, der wohl auch in einer Screamo- oder Hardcore-Band gut aufgehoben wäre. Im Fall von „Hamartia“ schaffen die Vocals aber gemeinsam mit der modernen Gitarrenarbeit und den recht steril, aber sehr präsent abgemischten Drums ein interessantes Klangspektrum.
Der Opener und Titeltrack hat eher Intro-Charakter, das Stück geht nach kurzem Akustik-Beginn in einen wuchtigen Post-Metal-Part über, bei dem es in der Folge dann unterschwellig vertrackt und vor allem sehr groovig zu Werke geht. Nach etwa zweieinhalb Minuten verklingt der Track, und es wird es beim Anfang von „3 Hours“ merklich schneller und dynamischer. Trotz diverser rhythmischer Finessen im Strophenpart wirkt das Ganze sehr kompakt, melodisch hält sich die Band noch zurück, lediglich dem Refrain kann ein gewisses Maß an Eingängigkeit attestiert werden. Ansonsten setzen BOOK OF JOB größtenteils auf sehr rhythmusorientierte Arrangements, vor allem die Drums knallen präzise wie ein Uhrwerk und messerscharf aus den Boxen. Generell muss man Schlagwerker Luke Nelson ein Lob aussprechen, denn was der Herr in Songs wie dem fett walzenden „Father Cult“ oder dem Schlusstrack „Anagnorisis“ (mit absolutem Monsterriff im Mittelteil) veranstaltet, verdient in Sachen Versiertheit und technischem Können wirklich Respekt. Weitere Höhepunkte der Platte sind das Hardcore-lastige „Lost In Utopia“, welches vor allem live richtig gut funktionieren dürfte, und das phasenweise an GOJIRA erinnernde „Of Libra And Scorpio“.
Alles prima also? Nun, einen Haken gibt es dann bei „Hamartia“ doch: der wirklich miese Clean-Gesang. Der taucht zum ersten Mal im Mittelpart des vierten Tracks „Pursuing The Cosmos“ auf – und funktioniert in meinen Augen im Kontext des restlichen Materials einfach nicht. Und so können Songs wie das instrumental eigentlich gelungene, weil brachial-progressive“Madness Is Murder“ oder das ohnehin etwas eindimensionale „Feeding The Universe“ am Ende nicht überzeugen. Der viel bemühte Ausspruch „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ – er trifft im Hinblick auf die sonst überzeugende Gesangsleistung hier leider mal wieder zu.
Am Ende ist „Hamartia“ eine Platte mit vielen starken, aber leider auch zu vielen schwachen Momenten. Noch einmal sei gesagt: BOOK OF JOB haben durchaus einen eigenen Sound und einen frischen Ansatz. Allerdings reißen die Jungs für meine Wahrnehmung vieles von dem, was sie vorher mühsam aufbauen (= die wirklich im Großteil versiert vorgetragenen Songs) mit dem Arsch (dem wirklich störenden Clean-Gesang) wieder ein. Zudem wirken manche Ideen dann doch auch, als wären sie eher dem Zufall entsprungen – und nicht der musikalischen Vision. Dass das in vielen Fällen sicherlich auch funktionieren, also gut klingen kann, ist unbestritten. Manchmal jedoch empfinde ich die Songs auf Hamartia“ als phasenweise noch zu unausgegoren. Für die Zukunft gilt es für BOOK OF JOB, die Stärken der Band besser zu bündeln. Und dann bin ich wirklich mal auf das Zweitwerk gespannt.
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