Mit seinem dritten Werk „Against Leviathan!“ führt Nathanael seinen eingeschlagenen Weg unbeirrt weiter. Wer sein Projekt BONJOUR TRISTESSE bisher verfolgte, der darf auch hier keine ideelle Kehrtwendung erwarten. Der Albumtitel spricht Bände und so gibt es auf dem neuen Werk das als erstes eins Zweiteilers veröffentlicht wird, bereits vier neue Tracks, die den musikalischen Pfad nicht verlassen.
BONJOUR TRISTESSE – Albtraum moderne Welt
„Against Leviathan!“ geht gleich mit dem wütenden Opener „Turmoil“ in die Vollen und wirkt in seiner ungestümen Art deutlich direkter als das letzte Album „Your Ultimate Urban Nightmare.“ Wer weiß, was der Protagonist in den letzten fünf Jahren an Wut aufgestaut hat. Die Ausdrucksform Black Metal funktioniert perfekt, findet aber neben rasenden Blastparts auch genügend Spielraum für schöne, verträumte Leads jenseits von Shoegaze, die dem Album neben seiner Ungestümtheit auch seine nachdenklichen Momente verleiht und der Hörerschaft den Freiraum für Gedankengänge erlaubt.
Im Verlauf der Platte wird deutlich, wie die Synthese aus Wut und verspielten Leads funktioniert und sie dadurch das inhaltliche Konzept umschließt. Der finale Track „Ode to Emptiness“ rundet das Album dann etwas erhabener ab und lässt vielleicht schon ein wenig auf den zweiten Teil des Opus blicken. Auch wenn die insgesamt nur vier Tracks in Überlänge daherkommen, offenbaren sie ein klar strukturiertes Konzept, besitzen allesamt individuelle Nuancen und funktionieren in ihrer Gänze mit 40 Minuten Spielzeit rund und stimmig.
Die Texte basieren unter anderem auf den Werken der großen Geschichtskritiker Fredy Perlman und John Zerzan. Die Inhalte werden aber von Nathanael ohne Umschweife und im Gegensatz zur schwer verdaulichen Originallektüre in kurzen, sehr direkten Sätzen eingefangen, die in ihrem Zorn perfekt mit der Musik harmonieren.
Das Album inhaltlich als dystopische Kritik der modernen, industrialisierten Gesellschaft zu betrachten, darf faktisch natürlich so interpretiert werden, jedoch ist ein einfacher Shift der Wahrnehmung des sozialisierten Menschen, der seinen kognitiven Konsens aus Normen und auf historischen Limits basierender Erziehung zieht, auch nach 2000 Jahren Geschichtsschreibung noch in Frage zu stellen. BONJOUR TRISTESSE setzen genau dort an und Textzeilen wie „Modern Life Is War“ müssen hier als Grundfeste der Kritik an modernen menschlichen Werten gelten. Der transferierte Kontext ist zwar um einiges tiefer als die Texte auf dieser Platte, aber in der Umsetzung wird man hier ungeschönt weggedröhnt.
BONJOUR TRISTESSE klingen insgesamt für anarchistischen Black Metal fast schon Old School, was sie aber nicht weniger authentisch macht. Der Sound ist nicht zu modern aber auch keineswegs im LoFi-Sektor angesiedelt. Das ist Geschichte einer musikalischen Ausdrucksform die man verarbeitet aber neu interpretiert und mit Text und Botschaft in eine ganz andere Richtung lenkt. Ein Genre das von Verachtung und elitären Maximen geprägt ist, darf gerne weiter aufgebrochen werden und auch wenn nicht jede Hörerin und jeder Hörer den Spiegel ihrer eigenen Gedanken findet, kann aber damit beginnen, kritisch in sich und in das eigene Umfeld hineinzublicken.
Against Leviathan! – eine Verschiebung der Wahrnehmung
Wer Black Metal mag und gedanklichen Freiraum kann, der wird „Against Leviathan!“ lieben. Genauso sollte sich eine musikalische und inhaltliche Kriegserklärung an die moderne Welt anhören.
9 von 10 Punkten, da hab ich jetzt wunder was erwartet. Auch wenn das ganze für „Anarchistischen Black Metal“ überdurchschnittlich gut klingt, da anscheinend mal mehr auf das Musik spielen als auf die Botschaft wert gelegt wird, find ich alles in allem etwas eintönig und wenig einprägsam. über gut gemeinte 6 max. 7 Punkte (wenn man mit einbezieht das auch Charles Bukowski als textliche Inspiration diente) kommt das für mich nicht hinaus.
Was stört dich an der Botschaft?
Wo hab ich behauptet das mich was an der Botschaft stört? Ich find die Musik nur etwas eintönig und wenig einprägsam.
Na ja, zumindest war von einer Botschaft, auf die angeblich nicht so viel Wert gelegt wird, die Rede.
Danke. Ich dachte schon, dass ich fantasiere. Zudem bin ich mir doch recht sicher, dass der Forist weiß, was ich meine.
Abgesehen davon, dass Perlman, Zerzan und Bukowski jetzt nicht die üblichen Einflüsse für RABM sind, können die hier tatsächlich was. Was wohl gemeint war, ist das, was ich bei vielen dieser Kapellen auch feststellen musste. Irgendwie klingt das meist nach „Wir sind linksautonom und machen jetzt BM, weil das irgendwie cool ist“. Wobei mich die Message jetzt nicht stört, sondern die meist grottige, musikalische Umsetzung (weil ja die Message wichtiger ist!). Kann man hier im örtlichen AZ regelmäßig feststellen. Allerdings gibt es dazwischen auch einige Perlen wie Trespasser oder Gravpel, oder halt die hier. 9 ist aber schon happig, ich würde so zwischen 7 und 8 landen.