Bei BONFIRE ist einiges los: 2017 und 2018 wurde nicht nur jeweils ein reguläres Studioalbum veröffentlicht, sondern auch das „monströse“ „Legends“-Coveralbum, welches ursprünglich eine Tour mit sich ziehen sollte, bei der jedoch mehrere Gastsänger absagten und die nach neun Dates aufgrund des Burn-Outs von Hans Ziller abgebrochen wurde. Doch davon ließen sich die Ingolstädter nicht aufhalten und liefern jetzt einundeinviertel Jahr später mit „Fistful Of Fire“ ein nagelneues Studioalbum. Respekt!
Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine leidenschaftslose Selbstreferenz, wie sie die meisten 48-jährigen Bands abliefern würden, sondern um eine Kampfansage an alle ignoranten und dummen Hater. Das Musikvideo zu ‚Rock ‚N‘ Roll Survivors‘ paraphrasiert diese Angriffslust. Die Band steht in einem Boxring, eine deutliche Anspielung auf GUNS N‘ ROSES Journalisten-Abrechnung ‚Get In The Ring‘. Durch ihr tadelloses Metal-Ballet demonstriert die Saitenfraktion ihre präzises und gefährliches Zusammenspiel. Dazu zwei Boxer und der Refrain: „Fight! For! Rock!“ Die meinen es ernst. So einen dreisten Beitrag, wie beim letzten Mal, kann ich mir nicht erlauben.
„Fistful Of Fire“ erinnert an die Kings Of Metal
Dem ist aber schwer zu widerstehen, hat der Song doch wenig schmeichelhafte Parallelen zu ‚Warriors Of The World United‘: Vor Banalität strotzendes Songwriting gepaart mit einem Text über die Verteidigung der eigenen Musikrichtung, der wahlweise Belustigung oder Fremdschämen auslöst. ‚Rock ‚N‘ Roll Survivors‘ hat tatsächlich gute Chancen darauf, ein Trash-Hit zu werden. Er ist zudem auch repräsentativ für das restliche Album. Dieses strotzt vor schematischen Songs, die allesamt außer durchaus netten Hooks keinen Wiedererkennungswert haben und teilweise durch unfreiwillige Komik auffallen.
Da wäre die andere Single-Auskopplung ‚The Devil Made Me Do It‘. Die ist so klebrig, dass man gleich eine Vorsorge-Untersuchung beim Zahnarzt ansetzt. Das ist die wahre Menschenverachtung, die jeder gelangweilter Black-Metal-Teenager vorzugeben versucht. Der Titeltrack klingt so bedeutungsschwanger, dass man glatt denken könnte, die Ingolstädter wüssten gar nicht um die Bedeutungslosigkeit ihres Albumtitels. Und mit ‚When An Old Man Cries‘ versuchen sie sich an einer mitreißenden Power-Ballade, die jedoch nur den Gähn-Reflex auslöst.
Two Sides Of A Coin
Allerdings müssen zu „Fistful Of Fire“ auch einige lobende Worte fallen: BONFIRE verharren nicht in ihrem alten eingespielten Sound, sondern lassen hörbare neue Einflüsse zu. Songs wie ‚Ride The Blade‘ sind deutlich vom Euro-Power-Metal der jüngsten Prägung wie SABATON oder BATTLE BEAST beeinflusst. Dieser wird gleichzeitig mit klassischen ACCEPT-Gitarren und einer typischen AOR-Dramaturgie verbunden. Das kann manchmal in allzu kitschigen Songs wie ‚Warrior‘ münden, der wohl sogar für den Eurovision Song Contest zu überzuckert wäre. Und auch beim dritten Album ist nicht daran zu rütteln, dass Sänger Alexx Stahl perfekt zu den Songs passt.
BONFIRE erfüllen auf „Fistful Of Fire“ die Erwartungen, die ein neues Album einer älteren Band dieses Genres hervorruft. Sie fühlt sich sicher bei dem, was sie macht, was dazu führt, dass sie die ganze Zeit das gleiche macht. Und das sind Songs, die möglichst auf Eingängigkeit getrimmt sind, was in einer bestimmten Quantität noch nett sein kann, aber spätestens nach 13 Titeln nervt. Allerdings überraschen die Ingolstädter dadurch, indem sie neue Elemente in ihren Sound integrieren, die nicht der typischen Erwartungshaltung entsprechen. Auch wenn dieses 20. Studioalbum unüberhörbare Makel hat, so ist es doch interessanter als die meiste Durchschnittsware, die heutzutage erscheint und definitiv hörenswerter als ein aufgeblähtes Coveralbum.
In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass auf der BONFIRE & Friends-Tour nur zwei Konzerte stattfanden, es verärgerte Absagen der meisten Gastsänger gegeben habe und dass dies ausschlaggebend für den Tourabbruch gewesen sei. Das ist falsch. Es haben insgesamt neun Konzerte stattgefunden, nur die Absage von Joe Lynn Turner war von Verärgerung geprägt und der gesundheitliche Zustand von Hans Ziller war für den Tourabbruch ausschlaggebend.
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