Bohren & Der Club Of Gore - Dolores

Review

„Langsame, schöne Musik.“ Viele kreative wie auch zweifelhafte Schubladen sind bereits für die Band aus dem Pott geöffnet worden, doch keine vermag ihre Musik so treffend und simpel beschreiben, wie sie selbst. Vermutlich, weil sie mit ihrer ganz eigenen Interpretation von Jazz und melancholischer Atmosphäre ziemlich allein dastehen. Einzigartig.

Mit geradezu beruhigender Regelmäßigkeit veröffentlichen BOHREN alle zwei bis drei Jahre ein Album, dass den Hörer wie auf einer Reise jedesmal an einen neuen Ort führt. Vom Highway in die Großstadt, von der Großstadt in die Unterwelt, von der Unterwelt zu den Geistern… und von dort zurück an die Bar.
Der Vorgänger „Geisterfaust“ stellte in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung dar, nicht nur für die Band sondern auch den Hörer: Der Minimalismus, der darauf teilweise bis ins Extreme zelebriert wurde, das Kompakte und dieses scheinbar einfache Konzept der fünf Finger. Keine lungernden Dandys, keine gefährlichen Flirts am Straßenrand inmitten des schwarzen Molochs.

Und nun „Dolores“, die siebte ‚Tonträgerin‘ der vier Herren Morten Gass, Christoph Clöser, Thorsten Benning und Robin Rodenberg. Und wieder zeigen sie sich in einem etwas anderen Licht. Auf die Geisterwelt folgt ein geheimnisvolles, melancholisches Album mit kürzeren Stücken, als man sie bisher gewohnt war. „Karin“ und „Still am Tresen“ dauern z. B. nicht mal vier Minuten – aber das Gefühl, bei BOHREN zu Gast zu sein, ist das Gleiche. Sie wollten erneut ein neues Ufer ansteuern, mit neuen Klängen wie dem bedacht eingesetztem Synthesizer und dem Vocoder, und siehe und höre: es funktioniert!

Warum die Zeit mit etwas Sinnlosem vergeuden, wenn man sie stattdessen einfach sinnlos verstreichen lassen könnte? Warum sich auch nach Feierabend den Kopf über die Welt zerbrechen, wenn man sie am Tresen im Glas ertränken kann. Der Blick wendet sich ab vom hektischen Treiben der Nacht, man ist allein mit sich, mit der Musik von BOHREN – und spürt Glück, Vollkommenheit. Für eine Stunde darf einen die Welt am Arsch lecken, dürfen alle Nervensägen die Klappe halten und sich in Luft auflösen – für eine Stunde darf man träumen, reisen, sitzen und zuhören.

Wer mit „Sunset Mission“ und „Black Earth“ vertraut ist, darf sich auf ein ähnliches Erlebnis mit „Dolores“ freuen. Es ist noch düster genug, ohne das Licht zu verschlucken, melancholisch, ohne sich zu verlieren, geheimnisvoll und leuchtend in der Nacht. Wie ein warmer Strom bahnt sich die Musik ihren Weg ins Herz. Das Saxophon singt ein leises Lied zusammen mit dem Fender Rhodes, und der Bass summt seine Melodie dazu.
Man fühlt sich zuhause. Bei BOHRENs Musik, beim Film im Kopfkino, an der Bar, wenn schon Stühle auf den Tisch gestellt und Bordsteine nach oben geklappt werden. Der Tag geht und die Nacht hat kein Ende.

„Bleibt fröhlich.“

05.11.2008
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