Böhse Onkelz - Onkelz Wie Wir (Re-Release)

Review

Wie beginnt man ein Review zu einem Album einer Band, die wohl wie keine andere in Deutschland und über die Grenzen hinaus polarisiert hat und auch – nachdem die Band deutliche Statements in alle Richtungen verteilte und sich letztendlich auf dem Höhepunkt der eigenen Karriere zur Ruhe gesetzt hat, ohne ihre Popularität einzubüßen – immer noch im Gespräch ist und bleibt? Ist ein Rückblick gewünscht? Und wird eine solche Zusammenfassung überhaupt der Band und demjenigen gerecht, der dieses Review liest? Was die Band preisgeben wollte, wurde jedenfalls bereits in Biografien verfasst, darunter sogar in einer offiziellen. Und wenn ihr mich fragt, weiß doch eh schon jeder über alles Bescheid. Was soll ich mir hier also den Arsch abschreiben und mich in die gepachteten Un-/Wahrheiten jedes einzelnen Lesers verstricken, um endlose Diskussionen zu führen? Nein, das muss nicht sein. Vorurteile und dilettantische Schlussfolgerungen sollen andere haben, nicht mit mir. Deshalb möchte ich ohne Umschweife Fakten und die Musik für sich sprechen lassen.

Fakten:

„Onkelz Wie Wir“, das vierte Album der BÖHSEn ONKELZ, erschien 1987 als erstes Album beim zweiten Label der Bandgeschichte, bei dem die Band – vom Regen in die Traufe gekommen – einen Vertrag über drei Alben unterschrieben hatte. In seiner Gesamtheit handelt es sich bei diesem Album bereits um ein reines Rockalbum mit nur noch minimalen musikalischen Tendenzen zur Oi!-Szene, wie es im Opener und Titeltrack zu hören ist, von der sich die Band allerdings auch textlich distanzierte und sich den Weg in eine neue Richtung ebnete. „Erinnerungen“, einer der Songs auf „Onkelz Wie Wir“, der über die Jahre zu einer der beliebtesten ONKELZ-Hymnen wurde, ist jedenfalls ein klarer Hinweis auf den Ausstieg der Band aus der „Szene“ und ein Rückblick auf das was war und nie wieder sein sollte.

Mit einem nach heutigen Maßstäben unterirdischen Sound, simplen Punkrock-Akkorden und einem Kevin Russel, der auf diesem Album meistens in höheren Stimmlagen und oft heiser klingend singt und grölt, bildet „Onkelz Wie Wir“ einen starken Kontrast zu späteren Alben der Band, kann und darf allerdings als Teil der ONKELZ-Geschichte nicht verschwiegen werden.

Musik:

Ziemlich genau zwanzig Jahre später wurde „Onkelz Wie Wir“, nachdem sich die Band offiziell bereits aufgelöst hatte, aus verschiedenen Gründen noch einmal neu aufgenommen, wobei die ONKELZ entschieden, so nah wie möglich am Original zu bleiben. Produktions- bzw. klangtechnisch hat sich allerdings schon etwas geändert, denn die Neuaufnahme drückt wesentlich fetter aus den Boxen, als die ursprüngliche Aufnahme. Ganz besonders deutlich wird das anhand der in sarkastischer Weise vorgetragenen Nummer „Bomberpilot“, die einen Flug im Düsenjet beschreibt: „Ich bin Bomberpilot, ich bringe euch den Tod.“ – Wer hier nicht mitgrölt, auch ohne mehrere Promille Alk intus zu haben, ist entweder bereits scheintot, hat einfach unheimlich wenig mit Rockmusik am Hut oder geht zum Lachen in den Keller.

Neben dem bereits erwähnten „Erinnerungen“ und dem übergroßen Highlight „Bomberpilot“, gibt es mit „Falsche Propheten“ aber auch noch einen weiteren Track, der es so richtig in sich hat, denn hier wird bemerkenswerterweise nicht nur die Allgemeinheit besungen, sondern auch die Vergötterung durch die eigenen Fans ziemlich unmissverständlich gegeißelt. Neben sozialkritischen Themen, deren Anteil auf späteren Alben tendenziell zunahm, finden sich auf „Onkelz Wie Wir“ allerdings gleich vier Songs, die sich ausschließlich dem Alkohol widmen, und damals noch einen mehr oder weniger wichtigen Bestandteil im Freizeitvergnügen der Band einnahm: So gilt es bei „Von Glas Zu Glas“, „Dick + Durstig“, „Am Morgen Danach“ und „Schöner Tag“ einfach mal das Hirn auszuschalten, ’ne Maurerkaltschale an den Hals anzusetzen und einfach gepflegt mitzugrölen.

Fazit:

„Onkelz Wie Wir“ anno 2007 ist eine runde Sache, die keinerlei Bedarf am Original weckt. Wer die BÖHSEn ONKELZ liebt und noch nicht im Besitz der damals entstandenen Aufnahme ist, sollte daher auf diese Wiederaufnahme zurückgreifen. Allerdings dürft ihr von diesem Album, und das sei hier als Warnung mit auf den Weg gegeben, nicht soviel erwarten, wie ihr es evtl. bereits von Alben wie „E.I.N.S.“, „Viva Los Tioz“ oder „Ein Böses Märchen…“, um an dieser Stelle nur einige Höhepunkte der Bandgeschichte zu nennen, kennt und schätzen gelernt habt.

24.11.2008
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