Body Count - Merciless

Review

Soundcheck November 2024# 4 Galerie mit 17 Bildern: Body Count - Wacken Open Air 2019

Im Lichte des Wahlergebnisses der Präsidentschaftswahl 2024 in den Vereinigten Staaten möchte man am liebsten die Hoffnung aufgeben, dass die Menschheit noch irgendwie zu retten ist. Aber wir müssen dies nun mal in gewisser Weise schlucken als demokratischen Ausdruck des US-amerikanischen Volkes, das gemeinhin entschieden hat, dass die Staaten und ferner die Welt noch nicht genug vom dunklen, politischen Zeitalter hatte, das von 2016 bis 2020 Einzug hielt. Vor diesem Hintergrund wirken die Pillen, die uns BODY COUNT auf ihrem neuen Album „Merciless“ servieren, gleich doppelt bitter. Denn der hier vorherrschende Pessimismus wirkt – bedenkt man die Entstehung im Vorfeld der Wahlen – geradezu prophetisch, auch wenn Ice-T und Co. nicht exklusiv gegen Republikaner, sondern eben auch gegen die weißgott nicht fehlerfreien Demokraten wettern.

BODY COUNT zücken wieder die Baseballschläger

Das Album erregte bereits vor Veröffentlichung Aufmerksamkeit durch den Song „Comfortably Numb“, bei dem die Rap Metal-Pioniere keinen geringeren als David Gilmour als Feature gewinnen konnten. Der rifft sich schön leidenschaftlich durch das Cover (oder besser: die Adaption) des PINK FLOYD-Klassikers, die auch mit Abstand der atmosphärischste Track der Platte ist. Hier scheint Fronter Ice-T regelrecht in eine desensibilisierte Welt hinaus zu rufen und nach Lebenszeichen zu suchen, etwas, das angesichts der oben angerissenen, politischen Lage in den Staaten umso mehr Gewicht bekommt, gleichzeitig aber auch etwas über die Band selbst zu reflektieren. Der Track bleibt hinsichtlich Stimmung jedoch die Ausnahme von der Regel, denn über den Rest der Spielzeit zücken die US-Amerikaner in gewohnter Manier den Baseballschläger und gehen auf dem mit Schlaglöchern durchsetzten Straßenpflaster auf Tuchfühlung mit der Menschheit.

Meist im Hardcore-infundierten Rap-Metal-Sound beheimatet machen BODY COUNT immer wieder einzelne Abstecher in thrashige Gefilde wie auf „The Purge“, während „Live Forever“ nicht zuletzt aufgrund seiner markanten Licks und des clean gesungenen Refrains mehr wie ein Schwenk hinein ins Metalcore-Territorium wirkt. Angesichts dieses Songs fragt man sich bei manch anderen Tracks wie „Fuck What You Heard“, „Do Or Die“ und „Lying MF“, warum diese Songs nicht annähernd derartig knackige Hooks ihr eigen nennen, zumal die Message eigentlich wichtig ist (sieht man mal von der manchmal etwas arg plakativen Textarbeit ab). Zugegeben, „Live Forever“ wirkt hier fast schon wie ein Ausreißer dank des hymnischen Refrains, den Howard Jones beisteuert.

Durchschnittliche Cuts werden glücklicherweise durch großartige Hits aufgewogen

Zutaten wie Gangshouts, um diese Hooks hervorzuheben, werden zwar durchaus genutzt, reichen aber nicht immer aus. Immerhin: Ice-Ts Stimme hat ordentlich Präsenz im Äther und er klingt richtig angepisst, während Gastsänger wie u. a. George „Corpsegrinder“ Fisher oder Joe Bad immer wieder Abwechslung reinbringen. Das Album ist also kein Dealbreaker, zumal die hochqualitativen Cuts, v. a. ein „Drug Dealer“ mit seinem herrlichen SEPULTURA-Einschlag, die Aufmerksamkeit der Hörerschaft letztlich doch souverän an sich reißen. „Merciless“ ist also trotz allem eine gewohnt solide Angelegenheit, die ihre Message mit ordentlich Wut im Bauch einschlägig in Szene setzt und neben „Comfortably Numb“ eben noch weitere, interessante Momente bereit hält. Die schwachen Hooks in manchen Tracks sind nicht zuletzt auch dank des krachenden Sounds verkraftbar, wenn auch ein bisschen ärgerlich …

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10.12.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Body Count - Merciless

  1. Hansi sagt:

    „bei dem die Rap Metal-Pioniere keinen geringeren als David Gilmour als Feature gewinnen konnten“
    Das ist so nicht ganz richtig, denn sie hatten ihn gar nicht als Gastmusiker angefragt. Es war Gilmour selbst, der sich angeboten hat.

    „Body Count’s version of ‘Comfortably Numb’ is quite radical, but the words really struck me,” said Gilmour, 78, in a statement of the new take on one of the emotional centerpiece songs from Pink Floyd’s iconic concept album The Wall. “It astonishes me that a tune I wrote almost 50 years ago is back with this great new approach. They’ve made it relevant again. The initial contact from Ice-T was for permission to use the song, but I thought I might offer to play on it as well. I like the new lyrics, they’re talking about the world we’re living in now, which is quite scary.“

    Mir gefällt die Comfortably Numb Version sehr gut und der Rest des albums ist auch nicht schlecht, aber auch nicht super interessant. Eine 7 geht aus meiner Sicht klar.

    7/10
  2. GDoe sagt:

    Wieso sollte man angesichts der durchweg positiven Rezension auf die Idee kommen, das Album könnte ein „Dealbreaker“ sein???!??
    Mir gefällt das Album richtig gut, Ice-T ist immer noch ein wichtiger Kommentator der Vereinigten Zustände von Amerika, und musikalisch hat es die Truppe immer noch drauf. Einzig „Comfortably Numb“ enttäuscht mich trotz des Gilmour-Solos: Ich hatte mich so drauf gefreut, Ice-T „There is no pain you are receding…“ etc. singen zu hören, aber ausgerechnet die im Original von Gilmour gesungenen Refainzeilen werden hier ausgelassen. Schade.